Southside Festival: Rock’n’Roll will grüner werden
50 000 Besucher werden ab Freitag zum Southside Festival erwartet. Die Macher setzen voll auf Öko. Für Umweltschützer ist das aber zu wenig.
Tuttlingen. Wenn am Freitag das Southside-Festival beginnt, verwandelt sich das 4000-Einwohner-Örtchen Neuhausen bei Tuttlingen von einem Tag auf den anderen in eine Kleinstadt. 50 000 Besucher wollen Musikgrößen wie die Ärzte, The Cure oder die Sportfreunde Stiller hören. Aus ökologischer Sicht ist das verheerend: Der Stromverbrauch ist riesig, der Verkehr chaotisch, die Müllberge unappetitlich.
Damit soll Schluss sein. Zum ersten Mal gibt es eine generelle Mülltrennung auf dem Gelände — laut Veranstalter ein Novum bei deutschen Festivals. An 30 Abfallstationen wird zwischen Metall, Papier, Verpackungen und Restmüll unterschieden. Um das Konzept umzusetzen, gibt es Müllpfand: Wer einen vollen Sack abgibt, erhält zehn Euro.
„In der Vergangenheit haben wir Beschwerden wegen Vermüllung erhalten“, sagt Festival-Organisatorin Ina Kahle. „Diesmal wollen wir erst gar nicht an den Punkt kommen, an dem alles so verschmutzt ist, dass den Besuchern das Gelände egal ist.“
Weitere Neuheit: „Lotsen“ sollen die Rock’n’Roll-Fraktion ansprechen und für Umweltschutz sensibilisieren. „Wir haben 350 Lotsen, die das Thema Recycling ansprechen“, sagt Kahle. Da viele Musikfans ihr Zelt aufschlagen, soll die Mülltrennung zu einem besseren Camping-Gefühl beitragen: Wo weniger Bierdosen umherfliegen, schläft es sich besser.
Weil der Umweltschutz gerade für junge Leute immer wichtiger wird, versuchen die Veranstalter, dem Southside ein grüneres Image zu verpassen. Hierzu wurde unter anderem das Projekt „Grüner Wohnen“ eingeführt: In einem speziellen Camping-Bereich sollen nur diejenigen übernachten, denen Ruhe und Umweltschutz wichtig ist.
Rund zehn Prozent der Besucher entschieden sich voriges Jahr für „Grüner Wohnen“; diesmal sollen es laut Veranstalter bereits bis zu 20 Prozent sein. In Internet-Foren wird der grüne Campingbereich dagegen als „Rentnerdorf“ verlacht.
Ob der grüne Anstrich etwas bewirkt, bezweifeln Umweltschützer. „Grundsätzlich freuen wir uns über Verbesserungen“, sagt Bund-Sprecher Gergely Kispál. „Allerdings ist es heutzutage nichts Besonderes, Müll zu trennen. Das macht jeder zu Hause.“ Kispál glaubt, dass sich die Organisatoren „lediglich aus der Affäre ziehen“ möchten, um nicht als Umweltsünder abgestempelt zu werden. Mit einfachen Schritten wie der Umstellung auf Öko-Strom könnte man aber viel bewirken. „Aber da ist das Bewusstsein noch nicht vorhanden.“
Organisatorin Ina Kahle hält dagegen: „Wir sind da sehr wohl dran, aber die Umsetzung ist derzeit noch nicht möglich.“ Da keine Kabel zum Festivalgelände führten, müsse man auf Generatoren zurückgreifen. „Und die werden nicht mit Öko-Strom betrieben, sondern mit Diesel.“ Bis das Southside das grünste Festival der Republik wird, gibt es noch einiges zu tun.