Spaniens König und Monarchie an Krücken
Madrid (dpa) - Als Juan Carlos am Sonntag auf Krücken bei der Militärparade zum Dreikönigstag vor dem Palacio Real in Madrid erschien, hatte das auch etwas Symbolisches.
Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit der Hüft-OP vor sechs Wochen - doch nicht nur der König, auch die Monarchie geht in Spanien am Stock. Der Beliebtheitsgrad des Königshauses befindet sich auf einem Tiefpunkt. Juan Carlos' 75. Geburtstag am Samstag sei der „bitterste in seinem Leben“ gewesen, meinte die Zeitung „El País“.
Nachdem Juan Carlos am Freitagabend im TV-Sender TVE bei seinem ersten Interview in gut zwölf Jahren die jüngsten Affären um das Königshaus nicht angesprochen hatte, hagelte es in fast allen Medien und auch in sozialen Netzwerken Kritik. „Das war wie das Fernsehen in Nordkorea“, twitterte etwa der Journalist Antonio Maestre. Und sogar in der eher königstreuen Zeitung „El Mundo“ polterte die Kolumnistin Pilar Eyre: „So brauchen Sie keine Interviews mehr zu geben.“
Vor allem ein sich seit November 2011 hinschleppender Korruptions-Skandal um Schwiegersohn Iñaki Urdangarín, Ex-Handballstar und Mann von Tochter Cristina, brachte viele Spanier auf die Palme. Hinzu kam im April 2012 die Teilnahme des Königs an einer umstrittenen Elefantenjagd in Botsuana. Vor dem Hintergrund dieser und anderer Affären und der seit fünf Jahren andauernden Wirtschaftskrise erlitt die Popularität des Königs und der Monarchie einen Einbruch.
Nach einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage von „El Mundo“ und des Forschungsinstituts Sigma Dos fiel der Anteil jener Spanier, die Juan Carlos positiv beurteilen, innerhalb eines Jahres von 76 auf 50 Prozent. Die Monarchie wird unterdessen nur noch von 54 (vor einem Jahr 60) Prozent der Bürger befürwortet. Unter den 18- bis 29-Jährigen war der Imageverlust der „Casa Real“ noch größer: Nur noch 37 Prozent der jungen Menschen bewerteten das Königshaus positiv, im Vergleich zu 67 Prozent vor einem Jahr.
Obwohl Kronprinz Felipe inzwischen deutlich beliebter als der Papa ist, will Juan Carlos den Thron partout noch nicht räumen. „Ich befinde mich noch in guter Verfassung, habe Energie“, sagte er im Fernsehen. Zur Imagepflege vor allem bei der jungen Bevölkerung startete das Königshaus in den vergangenen Wochen eine Modernisierungskampagne mit neuem Internet-Portal sowie einem eigenen YouTube-Kanal („CasaRealTV“).
Trotzdem: Die Hiobsbotschaften häufen sich, Medien, die einst das Königshaus schützten, berichteten sogar über angebliche amouröse Eskapaden des Königs. „Juan Carlos hat so viele Sorgen wie nie zuvor, deshalb hat er den Geburtstag nicht gefeiert“, schrieb „El País“.
Zu allem Übel „verlor“ Juan Carlos dieser Tage auch noch eine Straße. Der politisch unabhängige Bürgermeister des Dorfes Alcanó in Katalonien, Sebastià Ricart, verriet in Regionalzeitungen, dass eine vor Jahrzehnten nach dem König benannte Straße Ende Januar auf Beschluss der meisten der 250 Bewohner umgetauft werden solle.
Obwohl das Königshaus von den meisten Spaniern noch mit Respekt betrachtet wird, besteht kein Zweifel daran, dass die Monarchie 37 Jahre nach der Krönung von Juan Carlos bröckelt. So sehr, dass das linksliberale Blatt „El País“ zum 75. Geburtstag des Königs schrieb: „Der soziale Konsens über die Figur des Königs aus der Zeit des Übergangs zur Demokratie (in den 70er und 80er Jahren) hat sich abgeschwächt. Das Thema einer Republik ist kein Tabu mehr.“