Spenden: Gotteshaus mit Bank-Terminal
Das Bonner Münster hat dank moderner Technik zwanzig Prozent mehr eingenommen.
Bonn. "Hier ist das gute Stück", sagt der Bonner Stadtdechant Wilfried Schumacher und zeigt stolz in die Wandnische unterhalb der Orgelempore des Bonner Münsters. Hier steht eine Apparatur, die zum Modernsten gehört, was die katholische Kirche zu bieten hat: ein elektronischer Opferstock. Vor einem Jahr wurde das Geldkarten-Terminal aufgestellt. Es war das erste seiner Art in Deutschland.
Die Idee, einen elektronischen Opferstock in Bonns wichtigster Kirche aufzustellen, stammt vom Dechanten selbst. Es hatte Schumacher schon lange gewurmt, dass die Kirchenbesucher besonders bei Sonderkollekten weniger gaben, als sie eigentlich wollten. Der Grund: zu wenig Bares im Geldbeutel. Und so landete statt der beabsichtigten großzügigen Spende oftmals nur etwas Kleingeld im Klingelbeutel.
In einer Zeit, wo Geldgeschäfte immer häufiger bargeldlos getätigt werden, müsste auch die Kirche Entsprechendes anbieten, dachte sich der 57-jährige Seelsorger. Er sprach im Frühjahr 2006 die örtliche Volksbank an, diese stiftete das Terminal. Heute, ein Jahr später, ist es zu einer Erfolgsgeschichte geworden.
Warum sich so wenige Gemeinden für das Karten-Terminal interessieren, ist Pfarrer Schumacher ein Rätsel. Gerade große Kirchen mit vielen Besuchern und Touristen, zum Beispiel der Kölner Dom, könnten davon profitieren, meint er. "Kirche muss auch mit der Zeit gehen, sie muss sich den Gewohnheiten der Menschen anpassen." Dass solche Sätze nicht jedem Kirchgänger behagen, ist dem Pfarrer klar.
Auch in Bonn hat es anfangs Gegner des elektronischen Opferstockes gegeben. Doch die seien mit der Zeit verstummt, versichert Schumacher. Die Karten-Spende habe nicht den Klingelbeutel ersetzt, sondern sei nur ein zusätzlicher Weg. Und so hat es bislang auch nur eine einzige Sabotage gegeben: mit einem alten Bahnticket im Kartenschlitz.
Funktion Bezahlt werden kann mit EC- oder Kreditkarte. Transaktionsgebühren übernimmt die Bonner Münstergemeinde. Alle Spender bleiben anonym, und natürlich gibt es auch eine Quittung für die gute Tat. Bei Beträgen bis 50 Euro gilt der Bankauszug als Beleg fürs Finanzamt. Bei größeren Spenden stellt die Münstergemeinde eine Bescheinigung aus.
Spendenzweck Der Opfernde kann nicht für jeden beliebigen Zweck spenden, sondern die milden Gaben werden spezifiziert - wofür, das steht jeweils über dem Bankomaten.
Vorbilder Die evangelische Kirchengemeinde in Babenhausen bei Esslingen ermöglicht seit 1998 das bargeldlose Spenden. Auch in einer Kirche der Diözese Linz/Österreich gibt es einen Vorläufer.