Spurensuche der Titanic - Eisberge nicht ausgeschlossen

1300 Passagiere begeben sich derzeit bei einer Kreuzfahrt auf die Spuren der Titanic — und gleich nach dem Auslaufen in schwere See.

London. Man muss nicht abergläubisch sein, um in der Reise eine Herausforderung des Schicksals zu erkennen: In Hüten und wallenden Kleidern gingen die Damen ganz wie 1912 an Bord der MS Balmoral, die Herren folgten mit Taschenuhr und Zylinder. Viele von ihnen sind Nachfahren der Titanic-Opfer. Zum 100. Jahrestag des Untergangs wollen sie das Flair des Luxusliners nachstellen. Genau wie bei der unglücklichen Jungfernfahrt spielt also die Bordkapelle auf, kredenzen Köche Menüs, die auf der Titanic serviert wurden. Doch auch das Pech reist mit.

Die erste Pause musste die Crew der MS Balmoral kurz nach dem Start einlegen: Auf dem Weg nach Irland warteten zehn Meter hohe Wellen auf die bis dahin vergnügten Passagiere. Doch die Irische See ist entweder unruhig oder sehr unruhig, was für Akkordarbeit beim Bordarzt sorgte: Passagiere hätten in Scharen für Mittel gegen Seekrankheit angestanden, berichten Journalisten.

Dann hieß es abermals: Kursänderung. Zurück Richtung Land. Bei einem mitreisenden Kameramann war ein Herzinfarkt vermutet worden. Ein Rettungshubschrauber musste den 56-Jährigen von Bord hieven. Die Stimmung ist seitdem gedrückt. „Wir haben das ungute Gefühl, dass die Route irgendwie verdammt ist“, so ein Mitreisender.

Tatsächlich haben die bösen Omen Tradition: Schon als die Titanic 1912 vom Stapel lief, wurde ein Dock-Arbeiter erschlagen. Beim Auslaufen aus dem Hafen riss der Riesenliner in seinem Sog ein anderes Schiff mit. Begleitboote konnten im letzten Moment einen Zusammenstoß verhindern. Gesteuert wurde das als unsinkbar geltende Meisterwerk der Ingenieurskunst übrigens von einem Kapitän, der erst kurz zuvor das Schwesterschiff in ein Hindernis gerammt hatte.

Trotz Pannen will die MS Balmoral am 14. April nun an der Stelle im Atlantik ankommen, an der dann seit 100 Jahren das Wrack der Titanic begraben liegt. Für die Zeitpunkte von Kollision und Untergang sind Gedenkminuten geplant. Wenn alles klappt, bringt das Schiff seine Gäste im Anschluss daran sicher nach New York. Eisberge sind unterwegs nicht ausgeschlossen. Und heimlich wird wohl mancher schon die Zahl der Rettungsboote an Bord nachgezählt haben.