Stars suchen die Super-Jury
New York (dpa) - Musikalisch hat die US-Sängerin Christina Aguilera schon lange nicht mehr auf sich aufmerksam gemacht. Trotzdem ist die 31-Jährige ständig im amerikanischen Fernsehen zu sehen.
Ihr Trick: Aguilera ist Jury-Mitglied bei der sehr erfolgreichen US-Talentshow „The Voice“ - und hat damit, so urteilt die „New York Times“, ein völlig neues Betätigungsfeld für ehemalige Stars geschaffen, deren Karriere ins Stocken gekommen ist. „Aguilera sollte einmal als die Person in Erinnerung bleiben, die fast alleine die Musik-Wettbewerbe im Fernsehen verändert hat.“
Der frühere Kinderstar, der Ende der 90er Jahre mit dem Song „Genie in a Bottle“ den ganz großen Durchbruch schaffte, ist bei weitem nicht das erste oder einzige prominente Fernsehjury-Mitglied. Aber Aguilera gilt als eine der beim Publikum beliebtesten Jurorinnen, die den Job unter ihren Kollegen erst so richtig begehrt gemacht hat. „Man muss sich jetzt nicht mehr zwischen Musik-Star und Fernseh-Star entscheiden“, schreibt die „New York Times“. „Um modern zu sein, ist man jetzt am besten ein bisschen was von beidem.“
Allein in amerikanischen Musik-Talentshows beurteilen derzeit unter anderem Stars wie die Sängerinnen Mariah Carey, Nicki Minaj, Demi Levato und Britney Spears die Sangesqualitäten der Bewerber. Auch ihre Kolleginnen Paula Abdul und Nicole Scherzinger waren schon Jurorinnen. Keith Urban, Country-Star und Ehemann von Schauspielerin Nicole Kidman, war gerade aus der Jury der australischen Talentshow „The Voice“ ausgestiegen, da wurde er schon als neues Mitglied der US-Show „American Idol“ vorgestellt. Auch Heidi Klums Ex-Partner Seal saß schon in einer australischen Fernseh-Jury.
In Deutschland haben neben Jury-Obervater Dieter Bohlen schon Stars wie Tokio Hotel, Thomas Gottschalk, Nena, Xavier Naidoo, Sarah Connor, Till Brönner und Patrick Nuo Musiktalente gesucht. Und das Konzept lässt sich ja nicht nur auf Musik anwenden: Stars können auch Models (Heidi Klum, Tyra Banks, Bar Rafaeli), Designer (auch hier wieder: Heidi Klum), Köche (der deutsche Spitzenkoch Wolfgang Puck in den USA), Tänzer (Detlef Soost) und einfach nur Talente im Allgemeinen („Das Supertalent“) suchen. Die Liste könnte unendlich erweitert werden.
Sollten dem ursprünglichen Konzept vieler Shows zufolge noch eher unbekannte Experten in den Jurys sitzen - wie beispielsweise der Musikmanager Thomas M. Stein in der ersten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ - haben die Macher inzwischen gemerkt, dass bekannte Jury-Stars die über die Jahre immer weiter eingeschlafenen Einschaltquoten zurück in die Höhe treiben können.
Und gerade für etwas aus dem Rampenlicht verschwundene Stars zahlt sich die Stelle in vielfacher Hinsicht aus: Ein Jury-Job ist in vielen Ländern der Welt zu finden (US-Stars können sich beispielsweise auch in Australien und Großbritannien umsehen, deutsche in Österreich und der Schweiz). Er bringt ein regelmäßiges Einkommen und viel positive Aufmerksamkeit und Raum, sich wöchentlich witzig, schlagfertig und voller Expertenwissen dazustellen - das kann dann vielleicht sogar wieder ein Karriere-Comeback nach sich ziehen. Und qualifiziert für den Job ist der Star natürlich per se schon einmal, das zeigt die eigene Karriere. Wer dann noch in der Jury ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert, hat die Zuschauerherzen längst gewonnen.
Allerdings sei Vorsicht geboten, warnt die „New York Times“. Wer nur noch in Jurys herumsitzt, dessen Musikkarriere könne leicht in Vergessenheit geraten - wie bei Christina Aguilera, die gerade eine Auszeit von ihrem Jury-Dasein und ein neues Album angekündigt hat, um genau das zu verhindern. „Ihr Vermächtnis als Jury-Mitglied könnte sonst einmal größer sein als das ihrer Musikkarriere.“