Steinschlag am Drachenfels bedroht Winzer-Existenz
Felix Pieper ist die Lese verboten worden — aus Gründen der Sicherheit. Doch ohne Ernte droht ihm langfristig ein Millionenschaden.
Königswinter. Felix Pieper ist verzweifelt, der Winzer aus Königswinter bei Bonn bangt um seine Existenz. Kann er in diesem Jahr nicht seine Trauben ernten, muss er für 2013 einen Schaden von bis zu 300 000 Euro schultern. Das hat die Landwirtschaftskammer NRW gerade ausgerechnet. Nach Steinschlägen am Siegfriedfelsen hat der Fachbereich Arbeitsschutz der Bezirksregierung Köln den Weinberg des 30 Jahre alten Unternehmers gesperrt. Grund: Für Pieper und seine sechs Beschäftigten bestehe Lebensgefahr bei der Arbeit.
Seither ist die Mannschaft zur Untätigkeit verdammt, notwendige Pflegearbeiten können nicht ausgeführt werden. „Dabei wären diese nach den starken Regenfällen dringend notwendig“, klagt Pieper und blickt auf das wachsende Grün. Es müsste dringend gestutzt werden, damit der Wein atmen kann und seine Trauben viel Sonne bekommen. „Nur so bekommt der Wein die nötige Süße“, schildert der geplagte Winzer, der über die Zukunft seiner Angestellten noch nichts sagen will.
Geplant ist die Weinlese an den Hängen des Drachenfels für September. Sollte Pieper gar keine Ernte mehr einbringen können, sagt die Landwirtschaftskammer langfristig einen Schaden in Millionenhöhe voraus, weil der Weinberg verwildern würde. Vor dem Kölner Verwaltungsgericht ist Pieper jüngst mit einem Eilantrag gescheitert, der das Arbeitsverbot wenigstens kurzzeitig aussetzen sollte. Jetzt bereitet sein Anwalt Maurice Berbuir eine Klage gegen die Stadt Bad Honnef vor.
Denn die Lage am Weinberg ist überaus komplex: Der bröckelnde Siegfriedfelsen, in Königswinter gelegen, gehört dem Verschönerungsverein für das Siebengebirge, alle Wege sind indes Eigentum der Nachbarstadt Bad Honnef. Und diese sind für Wanderer bereits seit dem Januar 2011 tabu, nachdem erste Steine zu Tal gestürzt waren. „Die Stadt soll den Verschönerungsverein zwingen, endlich seiner Pflicht nachzukommen und den Felsen zu sichern“, schildert Felix Pieper den Inhalt der Klage. Der Verein aber winkt ebenso ab wie die Stadt: Man habe längst das Mögliche getan, Geld sei in den klammen Kassen ohnehin nicht zu finden.
Damit droht dem Weingut Pieper das Aus: Neun Hektar messen die Anbauterrassen insgesamt, vier davon sind gesperrt. Betroffen ist auch das benachbarte Gut Broel mit einem halben Hektar. Die Winzer sehen sich allein gelassen in ihrer Not, zumal Bad Honnefs Bürgermeisterin Wally Feiden erst nach ihrem Urlaub aktiv werden will.
Erlaubt ist der Weinanbau seit 1972, nach der Flurbereinigung sollten alte Traditionen wieder aufleben — und damit die Weinkultur. Doch in der Euphorie bedachte offenbar niemand, dass der Berg bröckeln könnte: Bis 1823 hatte er als Steinbruch für den Kölner Dom gedient.
Felix Pieper hat den Mainzer Geotechniker Johannes Feuerbach zu Hilfe gerufen und um ein Gegengutachten gebeten. Das liegt nun vor und bestätigt die Einschätzung der Bezirksregierung. Aber: „Eine mobile Schutzwand könnte mich und meine Kollegen bei der Arbeit vor dem Steinschlag bewahren“, nennt Pieper einen Vorschlag Feuerbachs. Die Wand, 50 Meter lang, käme von einer Schweizer Spezialfirma und kostet 65 000 Euro. „Bezahlen kann ich das nicht“, sagt Felix Pieper.