Teure Quittung für Lustreise

Prozess: Mit dem ehemaligen Kämmerer der Stadt Frechen ist gestern der erste Kommunalpolitiker verurteilt worden.

<strong>Brühl. Im ersten Prozess um so genannte Lustreisen auf Einladung der Energiebranche ist ein früherer Beigeordneter der Stadt Frechen zu einer Geldstrafe von 8000 Euro verurteilt worden. Außerdem muss er Reisekosten in Höhe von 3600 Euro zurückzahlen. Falls das Urteil rechtskräftig werde, sei er damit vorbestraft, erläuterte ein Gerichtssprecher. Die Richterin am Amtsgericht Brühl bezeichnete die Fahrten nach Belgien und Norwegen gestern als "Abenteuerreisen", die hauptsächlich "Vergnügungscharakter" gehabt hätten. Man könne sie als "Kurzurlaub" betrachten. Die Verteidigung kündigte Revision an. Das Gericht sah den Vorwurf der Vorteilsnahme als erwiesen an. Die Reisen hätten für Heinz Weller, ehemaliger Kämmerer der Stadt Frechen, erkennbar "einer geschäftlichen Klimaverbesserung gedient". Als Spitzenbeamter hätte der Angeklagte dies überschauen müssen. Das Gericht folgte damit der Kölner Staatsanwaltschaft. Deren Vertreter Gunnar Greier hatte ausgeführt, die Gasversorger hätten sich die eingeladenen Kommunalpolitiker "gewogen" halten wollen: "Die Reisen hatten Belohnungscharakter." Die Mitnahme der Ehefrau bei einer Fahrt ins belgische Brügge sei besonders unverständlich.

Verteidiger: Einladungen sind in der Branche an der Tagesordnung

Der Jurist Weller war als Mitglied des Aufsichtsrats einer kommunalen Energiefirma zu den Reisen eingeladen worden. Nach eigenen Angaben hatte er von deren Finanzierung durch Ruhrgas und Thyssengas nichts gewusst. Es habe nie einen Anlass gegeben zu fragen, wer für die Kosten aufkomme, sagte sein Verteidiger. Solche Reisen seien "gang und gäbe" gewesen, und die sachliche Information habe eine "große Rolle gespielt".

Der Fall des früheren Frechener Beigeordneten kam nur vor Gericht, weil er einen Strafbefehl ablehnte. Im Zusammenhang mit dem Prozess zogen ein ehemaliger Ratsherr aus Wesseling und der amtierende Kämmerer aus Pulheim ihre Einsprüche gegen Strafbefehle zurück, die damit rechtskräftig wurden.

Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben noch in rund eintausend Fällen gegen Kommunalpolitiker, die Reise-Einladungen der Energiebranche angenommen haben. Demnächst steht ein MammutProzess gegen 14 Kommunalpolitiker in Gummersbach an.