Therapie: Selbstschutz für Pädophile
Menschen, die sexuell auf Kinder fixiert sind, werden an der Berliner Charité behandelt – damit aus ihnen keine Täter werden.
Berlin. Die Frage im Kinosaal ist direkt. "Haben Sie den Wunsch, Kinderpornografie im Internet anzuklicken?", raunt eine Stimme aus dem Off. Wer jetzt beschämt in den Sessel sinkt, muss in diesem Fall keine Sorge vor der Polizei haben.
Im Gegenteil: Der TV- und Kinospot, der einen Mann und einen kleinen Jungen auf dem Sofa zeigt, bietet Hilfe an. Er wirbt für ein neues Therapieprojekt an der Berliner Charité: Es wendet sich an Männer, die sexuell auf Kinder fixiert sind, aber nicht zu Tätern werden wollen - auch nicht im Internet.
Pädophilie heißt der Fachbegriff, der die sexuelle Ausrichtung auf Kinder beschreibt. Forscher wissen, dass Erwachsene, meist Männer, nichts für diese Neigung können.
Sie ist Schicksal, lässt sich ein Leben lang nicht ändern. "Was diese Männer aber lernen können, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit ihrer Sexualität", sagt Klaus Beier, Direktor des Charité-Instituts für Sexualmedizin. Er fragt sich: Kann man verhindern, dass Pädophile zu Tätern werden?
Bereits seit vier Jahren bietet die Charité Männern Hilfe an, die pädophile Neigungen spüren und etwas dagegen tun wollen. Einzige Voraussetzung ist, dass kein entsprechendes Gerichtsverfahren gegen sie läuft. Rund 200 Patienten haben dort bereits eine Therapie hinter sich.
Doch nun geht Beier einen Schritt weiter, will mögliche Täter noch früher erreichen und für eine Therapie gewinnen - am besten vor dem ersten Klick auf Kinderporno-Seiten im Netz. Das hat einen Grund: Die illegalen Filme und Fotos aus dem Netz können die sexuelle Neigung verfestigen - und aus Pädophilen Täter machen.
In der Therapie lernen die Betroffenen, dass sie keine Schuld an ihrer Neigung haben, aber verantwortlich für ihr Handeln sind. In Rollenspielen wird das Verständnis für Kinder als Vergewaltigungsopfer geweckt. Medikamente helfen, Triebe zu unterdrücken.
Juristisch sieht sich Beier mit seinem Angebot auf der sicheren Seite. Möchte ein Mann an der Charité etwas gegen seine Lust auf Kinderpornos tun, kann sich der Sexualmediziner bei der Therapie auf seine Schweigepflicht berufen. Selbst wenn ihm dieser Mann erzählt, dass er Kinderpornos anschaut, hat der Arzt nicht die Pflicht zur Anzeige.
Ein Problem aber bleibt: Beier schätzt den Anteil der Männer mit pädophilen Neigungen in Deutschland auf ein Prozent. Das neue Charité-Hilfsangebot hat gerade mal 24 Therapieplätze. Der Charité-Arzt fordert deshalb, das Projekt auf andere Bundesländer auszuweiten.