Todesschuss der Berliner Polizei gegen Nackten: Henkel verteidigt Vorgehen

Berlin/München (dpa) - Der tödliche Schuss eines Polizisten auf einen nackten 31-Jährigen ist in einem Youtube-Video festgehalten. Die Bilder rufen Politiker auf den Plan. Berlins Innensenator Henkel bringt Elektroschock-Pistolen für die Polizei ins Gespräch.

Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 31-Jährigen in Berlin hat Innensenator Frank Henkel (CDU) das Vorgehen des Beamten verteidigt. Zugleich sprach er sich dafür aus, die Polizei mit Elektroschock-Pistolen auszustatten. Solche sogenannten Taser seien trotz Risiken ein vergleichsweise mildes Mittel, sagte Henkel der „B.Z. am Sonntag“. Es sei ratsam, über ihren Einsatz zu diskutieren. „Allerdings ist völlig unklar, ob es dafür eine politische Mehrheit gäbe“, sagte der Minister. Ein Video im Online-Netzwerk Facebook, das die Erschießung des Mannes in einem Brunnen zeigt, löste Kritik aus.

Der Beamte hatte den nackten und verwirrt wirkenden Mann am Freitagmorgen im Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus erschossen, nachdem dieser ihn mit einem Messer angegriffen hatte. Ob der Polizist in Notwehr handelte, wird noch geprüft. Er wollte den Mann nach Angaben der Staatsanwaltschaft zunächst beruhigen und aus dem Brunnen holen. Die Mordkommission des Berliner Landeskriminalamts ermittelt nach dem Todesschuss gegen den Polizisten wegen Totschlags.

Das Video auf Facebook verursachte eine Debatte. „So etwas darf nicht gepostet werden. Wenn es etwas gibt, wo Facebook sofort reagieren muss, damit die Bilder aus dem Netz genommen werden, dann sind das solche Fälle“, sagte der CDU-Medienexperte und Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Die Bilder des auf Facebook zigfach geteilten youtube-Videos seien „menschenverachtend“.

Ähnlich äußerte sich dem Magazin nach auch ein Sprecher von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU): „Offenbar reichen die technischen Instrumente und die Teams, die Inhalte der Seiten angeblich rund um die Uhr prüfen, nicht aus.“

Henkel verwies zur Verteidigung des Beamten ebenfalls auf die veröffentlichten Szenen: „Was auf dem Video nicht zu sehen ist, ist die Ich-Perspektive und das Innenleben eines Polizisten, der Millisekunden hat, um eine Entscheidung zu treffen, auch über sein eigenes Leben.“

Kein Polizist mache es sich leicht, auf einen anderen Menschen zu schießen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Berlin, Bodo Pfalzgraf, im rbb-Inforadio. „Wenn am Ende jemand mit der Waffe auf einen losgeht, dann ist auch das staatliche Gewaltmonopol gefragt.“ Handele es sich um Notwehr, sei der ganze Körper Trefferfläche. „Man muss diesen lebensbedrohlichen Angriff abwehren. Da wird nicht trainiert, auf Arme und Beine zu schießen.“

Pfalzgraf äußerte sich im Radiosender NDR 2 zudem kritisch zu der Video-Verbreitung: „Es ist zwar zum einen ein Beweismittel. Zum anderen kann es aber auch ganz schnell, egal in welche Richtung das geht, zu einer Vorverurteilung führen.“ Darum sollten diese Videos zunächst erstmal der Staatsanwaltschaft vorgelegt werden, sagte er.

Nach Polizeiangaben hatte der 31-Jährige den Beamten mit einem 20 Zentimeter langen Messer in dem Brunnen am Roten Rathaus angegriffen. Auf die „Messer weg“-Rufe reagierte er nicht, wie auch das Video zeigt. Der Beamte schoss daraufhin. Die Kugel durchschlug laut der Obduktion die Lunge des Mannes. Er starb daran wenig später im Rettungswagen. Der Mann hatte sich zuvor mit dem Messer mehrfach selbst verletzt und blutete.