Unwort des Jahres: Von Kopfpauschalen und Gutmenschen
Die Vorschläge unserer Leser zum Unwort 2010 kommen nicht nur aus dem politischen Leben.
Düsseldorf. "Alternativlos" ist der Favorit von Horst-Dieter Schlosser zum Unwort des Jahres 2010. Der Vorschlag des Sprachwissenschaftlers und ständigen Mitglieds der Gesellschaft für deutsche Sprache ist aber keineswegs ohne Alternative.
Viele Leser sind unserem Aufruf gefolgt und haben Wörter genannt, die ihrer Meinung nach zum Unwort des Jahres 2010 gewählt werden sollten - hier eine Auswahl.
Ginge es beispielsweise nach dem Willen von Johannes Seidel aus Krefeld, wäre "bildungsfern" ein ganz heißer Anwärter. In Zusammenhang mit der Integrationsdebatte fiel dieses Wort mindestens ebenso häufig wie "Migrationshintergrund" - für Axel Neubauer aus Wülfrath das Unwort 2010.
Heidi Holzke schlägt hingegen vor, "Hartz-IV-Milieu" auf Platz1 zu wählen. "Ich weiß leider nicht mehr, welcher Politiker bei welcher Talkshow diesen Begriff benutzte. Ich habe mich jedenfalls massiv geärgert. Jeder Fall hat eine eigene Geschichte", sagt Holzke.
Vokabeln aus den politischen und gesellschaftlichen Diskussionen der vergangenen Monate finden sich in gleich mehreren Vorschlägen wieder. "Kopfpauschale" favorisiert Hans Werner Heups, "die insolvente Warenhausgruppe", schlägt Elke Hannig-Brauer vor. "Selten hat mich ein Ausdruck so genervt", schreibt sie über die heftig strapazierte Bezeichnung für Karstadt.
Vorschläge für Unwörter betreffen jedoch längst nicht nur die aktuelle gesellschaftliche und politische Diskussion. Als Unworte empfinden viele Leser auch Begriffe aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Christian Rippold kann beispielsweise die grammatisch fragwürdige Formulierung "von daher" nicht mehr hören, und Jörg Moser ist genervt von der Wortbildung "unkaputtbar".
Für Renate de Moll aus Wuppertal ist die Bezeichnung "fremdschämen" heißer Kandidat für das Unwort 2010 - "hat doch durchaus Bezug zu vielem in diesen Zeiten", begründet sie ihren Vorschlag. Das viel benutzte Wort "Selektion" ist aus Sicht von Gerhard Remmert aus Wuppertal ebenfalls Kandidat für das Unwort des Jahres, weil es historisch belastet sei und damit eine rassistische Deutung habe.
Eine weitere Alternative zu "alternativlos" wäre "Gutmensch" - ein Begriff, der für Ursula de Groote untragbar ist.