Urteil: Kündigung eines rauchenden Mieters war rechtmäßig
Düsseldorf (dpa) - Der fristlose Rauswurf eines Rauchers aus einer Mietwohnung kann rechtmäßig sein, wenn der Qualm die Nachbarn massiv belästigt. Das hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden.
Führe der Rauch im Treppenhaus für andere Mieter zu einer „unzumutbaren und unerträglichen Geruchsbelästigung“ und werde deren Gesundheit gefährdet, müsse der Vermieter dies nicht hinnehmen. Dies gelte, obwohl ein Mieter grundsätzlich in seiner Wohnung rauchen dürfe (Az.: 24 C 1355/13). Gesundheitsexperten begrüßten die Entscheidung, Mieterschützer reagierten kritisch.
Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn habe in diesem Fall Vorrang vor dem Recht auf freie persönliche Entfaltung des Rauchers, betonte das Amtsgericht.
Dem Mieter und ehemaligen Hausmeister Friedhelm Adolfs (75) war nach 40 Jahren die Kündigung für seine einstige Dienst- und jetzige Mietwohnung zugestellt worden. Die Vermieterin argumentierte, Adolfs habe eineinhalb Jahre lang nicht über die Fenster, sondern in den Hausflur gelüftet. Beschwerden und Abmahnungen habe er ignoriert. Mehrere andere Mieter hätten sich beschwert und in einem Fall auch ihrerseits mit Kündigung gedroht.
Der 75-jährige Mieter bestritt das. Es habe sich lediglich ein Mieter im fünften Stock beschwert - weit entfernt von seiner Parterre-Wohnung. Außerdem könne er nichts dafür, dass seine Wohnungstür undicht sei. Allerdings hatte seine Anwältin diese Argumente erst nachträglich in das Verfahren eingeführt und das Gericht sie als unentschuldigt verspätet nicht mehr zugelassen.
„Meine Anwältin hat wohl Fehler gemacht“, sagte Adolfs am Mittwoch, bekräftigte aber, nun in die Berufung ziehen zu wollen. Adolfs hatte vermutet, dass seine Wohnung in lukrativen Büroraum umgewandelt werden solle.
Die Vermieterin hat nun sogar das Recht, die Wohnung noch vor dem Berufungsverfahren räumen zu lassen. Ihre Anwältin sagte, dass man davon zunächst wohl keinen Gebrauch machen werde. Das letzte Wort habe aber die Vermieterin. „Unsere Erfolgsaussichten sind auch in der Berufung relativ groß“, sagte ihre Anwältin. Denn an den Fehlern der Gegenseite komme auch das Berufungsgericht nicht ohne weiteres vorbei.
Hätte die Mieter-Anwältin rechtzeitig bestritten, dass eine unzumutbare Belästigung vorliegt, wäre es an der Vermieterin gewesen, dies zu beweisen. Die Anwältin hatte sich jedoch nur auf das Gewohnheitsrecht des Mieters berufen, der schon seit 40 Jahren in der Wohnung rauche. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum begrüßte das Urteil als wichtiges Signal. „Rauchen in Mietwohnungen ist generell ein Problem, durch ein solches Urteil können Wohnungsnachbarn besser geschützt werden“, sagte Sprecherin Martina Pöttschke-Langer in Heidelberg. Wenn Dritte dem Rauch permanent ausgesetzt seien, stelle das eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung dar. „Viele sind nicht mehr bereit, sich dem Rauch anderer auszusetzen.“
Zurückhaltender reagierte die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen: „Es ist nicht erstrebenswert, dass jemand nach 40 Jahren ausziehen muss“, sagte DHS-Sprecherin Christa Merfert-Diete. „Andererseits muss man auch berücksichtigen, dass sich viele Menschen durch Zigarettenrauch belästigt fühlen.“ Auch eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch das Passivrauchen spiele eine Rolle.
Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips, kritisierte das Urteil als „zu hart“. Es berücksichtige weder das Alter des Mieters noch die Dauer des Mietverhältnisses, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“.
Das Rauchen in der eigenen Wohnung gilt als höchstrichterlich geschützte persönliche Freiheit. Daran habe sich mit dem Urteil auch nichts geändert, betonte der Immobilieneigentümerverband Haus & Grund.
Der Bundesgerichtshof ließ aber 2006 und 2008 ausdrücklich offen, ob „exzessives Rauchen“ als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Außerdem hatten Gerichte Nichtrauchern, die sich durch Qualm belästigt fühlten, Mietminderungen zugesprochen.