Vater von getötetem Gastschüler klagt Amerika an
Missoula/Hamburg (dpa) - Der Vater des in Montana getöteten Gastschülers Diren hat die Waffengesetze in den USA scharf kritisiert. „Amerika kann hier nicht weiterhin Cowboy spielen“, sagte der 46-Jährige der Nachrichtenagentur dpa.
Er habe sich keine Gedanken darüber gemacht, „dass hier jeder jemanden erschießen kann, nur weil er in seinen Garten gekommen ist“. Andernfalls hätte er seinem Sohn, der in der Nacht zu Sonntag in der Garage eines Fremden erschossen wurde, den Schüleraustausch keinesfalls erlaubt.
Zu dem wegen vorsätzlicher Tötung angeklagten Todesschützen sagte der Taxifahrer aus dem Hamburger Stadtteil St. Pauli: „Er soll die gerechte Strafe bekommen.“ Er sei am Anfang dagegen gewesen, dass sein Sohn in die USA geht, sagte er. „Ich weiß, dass es in Amerika gefährlich ist - nicht überall, aber in den Großstädten.“
Direns Vater will wahrscheinlich am Freitag mit der Leiche seines Sohnes aus dem nordwestlichen Bundesstaat nach Hamburg zurückkehren. Nach einer Zeremonie in der Yeni-Beyazit Moschee soll der Leichnam zur Bestattung nach Bodrum im Südwesten der Türkei gebracht werden. In Direns Gymnasium soll es zudem am Montag eine Schweigeminute geben.
Am Mittwochabend hatten Freunde von Diren und sein Hamburger Fußballverein in einem emotionalen Benefizspiel Abschied genommen. Rund 1000 Zuschauer kamen im Stadtteil Altona zusammen, um des 17-Jährigen zu gedenken, darunter seine Mutter und seine beiden Schwestern. Viele Gäste trugen T-Shirts mit einem Foto von Diren, zahlreiche Plakate und Bilder erinnerten an den Hobbyfußballer. Am Spielfeldrand hing ein Banner mit der Aufschrift „Unser Bruder stirbt und Amerika schaut zu“. Einige Besucher legten weinend Rosen nieder.
Unterdessen sagte eine deutsche Konsularbeamtin der Lokalzeitung „Ravalli Republic“, Deutschland bemühe sich um Gerechtigkeit für den Tod des Jungen. Deutsche Diplomaten hätten mit dem zuständigen Staatsanwalt gesprochen. Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft will ein Ermittlungsverfahren einleiten. Man habe die erforderlichen Unterlagen von den zuständigen amerikanischen Behörden angefordert, sagte Sprecherin Nana Frombach der dpa. Hintergrund ist Paragraf 7 des Strafgesetzbuchs. Darin heißt es, dass das deutsche Strafrecht für Taten gilt, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden.
Diren war in der Stadt Missoula getötet worden. Der Jugendliche, der im August für ein Jahr in die USA gekommen war und eine High School besuchte, soll in der Nacht in die Garage gegangen sein, in der die Schüsse fielen. Der 29 Jahre alte Hausbesitzer fühlte sich seinem Anwalt zufolge bedroht und schoss auf den Teenager. Dieser wurde am Kopf und am Arm getroffen und starb im Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 29-Jährigen vorsätzliche Tötung vor.
Zwar räumt der Staat Montana für die Verteidigung des eigenen Hauses das bewaffnete Recht auf Notwehr ein. Laut Anklageschrift stellte der Mann aber potenziellen Dieben eine Falle. Die Partnerin des Schützen habe als eine Art Köder eine Handtasche mit persönlichen Gegenständen in die Garage gelegt. Trotz der Einbrüche der vergangenen Wochen ließen die beiden das Garagentor offen stehen. Einer Zeugin zufolge soll der Mann seit Nächten darauf gewartet haben, jemanden zu fassen und zu erschießen. Das Gericht setzte ihn gegen Zahlung einer Kaution von 30 000 Dollar (21 000 Euro) vorerst auf freien Fuß.
Nach Angaben seines Anwalts erhält der Todesschütze Morddrohungen. Der 29-Jährige und seine Partnerin hätten hasserfüllte anonyme Anrufe und Facebook-Nachrichten bekommen, sagte der Strafverteidiger Paul Ryan der dpa. „Es ist eine sehr problematische Situation für sie. Sie verlassen ihr Haus nicht mehr. Sie machen sich Sorgen um ihr kleines Kind.“
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bezeichnete Direns gewaltsamen Tod in den USA als „großes Unglück“. „Hamburg trauert um einen jungen Mann, der unter tragischen Umständen ums Leben kam“, erklärte Scholz. „Sein Tod macht uns traurig. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freunden.“