Vergleich im Prozess um Wartelistenplatz für Herztransplantation
Bielefeld (dpa) - Wegen mangelnder Deutschkenntnisse war ein Herzpatient aus dem Irak nicht auf die Warteliste für eine Transplantation gekommen. Nun hat er sich mit dem Herz- und Diabeteszentrum (HDZ) in Bad Oeynhausen auf einen Vergleich geeinigt.
Die Klinik zahlt dem 62-jährigen Flüchtling 5000 Euro.
Im Gegenzug verzichtet der Kläger auf seine Forderung nach einem Schmerzensgeld von 10 000 Euro. Der 62-Jährige ist inzwischen auf der Warteliste der Uni-Klinik Münster. (Az.: 4O 106/11)
Damit gab es am Freitag vor dem Landgericht Bielefeld keine Entscheidung über die Richtlinien der Bundesärztekammer, auf die sich die Klinik berufen hatte. Dort heißt es, dass auch sprachliche Schwierigkeiten die notwendige Mitwirkung des Patienten etwa an der Nachbehandlung infrage stellen können. Das könne dazu führen, dass der Patient gar nicht erst auf die Warteliste gesetzt werde.
Patientenschützer hatten die Richtlinien kritisiert. Sie seien so unscharf formuliert, dass bei der Anwendung pure Willkür herrsche. „Es geht um Regeln, die so intransparent sind, dass man sich als Spender fragt: Kann das richtig sein?“, sagte Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz der Nachrichtenagentur dpa. Der Umgang mit den Patienten verletze das Gerechtigkeitsgefühl potenzieller Organspender. Die Bundesärztekammer wollte sich nicht äußern.
Der Anwalt des HDZ betonte, die Zahlung der Summe sei kein Schuldeingeständnis. Man wolle nur einen jahrelangen Prozess mit ungewissem Ausgang vermeiden, versicherte Anwalt Wolfgang Gansweid.
Der Kläger Hassan Rashow-Hussein sagte, ihm fehle für diesen langen Weg die Kraft. „Es hat ihn stark mitgenommen, dass wir dreieinhalb Jahre allein um die Prozesskostenhilfe kämpfen mussten“, sagte sein Anwalt. Die Ablehnung der Klinik hatte der Anwalt damals als „diskriminierend“ bezeichnet.
Der Leiter der Herzchirurgie am HDZ, Jan Gummert, sagte, es gehe ausschließlich um das Wohl des Patienten. In diesem konkreten Fall sei nicht sichergestellt gewesen, dass der Mann jederzeit und zuverlässig in seiner Sprache hätte beraten werden können. Missverständnisse bei der Beratung hätten aber dessen Leben gefährdet.
Richter Wolfgang Drees hatte zum Auftakt darauf verwiesen, dass es bundesweit keine gerichtlichen Entscheidungen über solche Fälle gebe. Ein Prozess würde voraussichtlich mehrere Jahren dauern. Er schlug als Vergleich eine Summe von 2500 Euro vor, die der Kläger allerdings ablehnte. Das HDZ erhöhte daraufhin auf 5000 Euro.
Der Patient war vor mehr als 13 Jahren aus dem Irak geflohen. Er lebt mit seiner Familie im niedersächsischen Peine. Er hatte vor dem Bundesverfassungsgericht Prozesskostenhilfe erstritten. Das Verfassungsgericht hatte dem Landgericht für ein Verfahren mehrere Prüfaufträge auferlegt. Dazu zählten die Fragen, ob die Richtlinien der Bundesärztekammer, die über das Wohl und Wehe von Patienten mitentscheiden, rechtswirksam zustande gekommen sind und ob sie korrekt umgesetzt werden.