Verkehrte Welt: Uhu-„Mama“ zieht Hühnerküken auf
Saarburg (dpa) - Uhu-Dame „Floh“ ist stolze Mama. Nicht aber von Uhu-Babys, sondern von Hühnerküken. 21 Tage hat sie in ihrem Haus im Greifvogelpark Saarburg (Rheinland-Pfalz) Hühnereier ausgebrütet.
Als der Nachwuchs schlüpfte, nahm sie ihn als Eigenen an - und zieht seit gut einer Woche vier Mini-Küken als eigene Babys auf. „Sie macht das wirklich ganz toll“, sagt der Leiter des Parks, Wolfgang Klotzbücher, der Nachrichtenagentur dpa. Immer wenn sich die Racker entfernen, ruft „Mama“ mit ihrem typischen „Uhuuu“-Ruf, um sie zusammenzuhalten. „Sie sieht die Kleinen als ihre Kinder an. Und ist dabei richtig glücklich“, sagt der Falkner.
Denn die 14-jährige „Floh“ hat bislang noch keine eigenen Kinder bekommen. „Sie ist ein handaufgezogenes Tier: Sie ist bei uns in der Wohnung aufgewachsen und war immer im Kontakt mit Menschen“, erzählt der 47-Jährige. „Unsere Familie ist auch ihre Familie.“ Heißt: Sie ist fehlgeprägt und würde einen männlichen Uhu nicht als einen ihrer Art ansehen. „Floh“, die so heißt, weil sie als Baby superklein war, hat nun aber einen stark ausgeprägten Bruttrieb, erzählt Klotzbücher. Jedes Jahr legt sie Eier und brütet - natürlich aber, ohne dass etwas passiert. „Das ist ja nicht so befriedigend“, sagt er.
Daher hätten Tierpflegerin Tamara Kalmbach und er der Uhu-Dame eines Tages befruchtete Hühnereier untergelegt. „Und sie hat brav gebrütet“, erzählt die Zoo-Pädagogin und Biologin. Als dann die Küken schlüpften, hätten sie sie der Uhu-„Mama“ zunächst weggenommen. „Wir hatten Angst, dass sie sie frisst. Ist ja im Prinzip nichts anderes als Futter“, sagt Klotzbücher. Doch da habe „Floh“ so traurig geschaut. „Nach dem Motto: Wo gehen die mit meinen Babys hin?“ - und sie hätten die Küken bei ihr gelassen.
„Es ist eine einmalige Konstellation“, sagt Kalmbach. Weder sie noch Klotzbücher hätten bislang von einem Uhu gehört, der Hühnchen aufziehe. „Das ist besonders, weil der Uhu normalerweise alles frisst, was sich bewegt“, meint der Parkleiter, gebürtig aus dem Hunsrück. Gerne auch tote Eintagesküken - eine normale Kost bei Greifvögeln. Dass die ungewöhnliche Aufzucht gut funktioniere, liege wohl auch daran, dass „Floh“ so handzahm ist. „Man kann ihr die Küken sogar aus dem Nest nehmen - und sie wird nicht aggressiv“, sagt Klotzbücher. „Sie ist der netteste Uhu der Welt.“
Dennoch - manche Dinge passen einfach nicht zusammen. Etwa, dass die Uhu-Dame die Küken mit Fleisch füttern will. „Sie essen aber Körner und Salat“, sagt der Falkner, der auch Forstwirt gelernt hat. Oder, dass der Uhu ein „Nesthocker“ ist und die Hühner „Nestflüchter“ sind. „Wir müssen abwarten, wie "Floh" reagiert, wenn die Küken weitere Kreise ziehen.“ Noch dürften Mama und Kinder das traute Glück genießen. Und im Chor „Piep“ und „Uhuuu“ rufen. „Wir beobachten alles aber ganz genau. Wir wollen ja kein Risiko für die Kleinen eingehen.“
Im Park sind insgesamt 30 Greifvögel untergebracht - vom Adler über den Bussard bis zur Eule. Zudem gibt es ein Tiergehege mit Waschbären, Kaninchen, Schafen und Co. „So eine Sensation hatten wir noch nie“, sagt Klotzbücher.