Videoüberwachte Reeperbahn: K.o. für Kameras
Hamburg (dpa) - Hamburgs „geile Meile“ Reeperbahn wird nicht mehr videoüberwacht. Nach einer Gerichtsentscheidung zum Schutz der Privatsphäre saßen die Polizisten zu oft vor schwarzen Bildschirmen.
Nach mehr als fünf Jahren wurden alle zwölf Kameras auf der berühmten Ausgehmeile im Vergnügungsviertel St. Pauli am frühen Freitagnachmittag abgeschaltet. „Ein bisschen Wehmut ist schon dabei“, sagte der Leiter der Polizeieinsatzzentrale, Andreas Nieberding. Hintergrund ist eine Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom Juni 2010, die die Überwachungsmöglichkeiten deutlich einschränkte.
Die Reeperbahn wurde seit Ende März 2006 mit den Kameras polizeilich überwacht. Auf der angeblich sündigsten Meile Deutschlands tummeln sich jedes Wochenende tausende Touristen und Einheimische. Immer wieder kommt es dort zu Straftaten.
Das Gericht hatte unter anderem verfügt, dass Hauseingänge und Fensterbereiche nicht mehr aufgenommen werden dürfen. Die Polizei hatte die Stellen daher verpixelt oder geschwärzt. Aber: „Die Kollegen sahen dann immer nur schwarz“, sagte der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter. Seit der Gerichtsentscheidung seien daher deutlich weniger Einsätze durch die Videokameras auf dem Kiez ausgelöst worden. Vorher seien es etwa 15 Einsätze pro Monat gewesen, danach nur noch um die fünf, berichtete Thomas Borzutzki, der bei der Polizei die Fachaufsicht über die Videoüberwachung hatte.
Nun klafften Erkenntnisgewinn und Aufwand zu weit auseinander, erklärte Reschreiter. Zwölf Beamte überwachten die Videobilder Tag und Nacht im Schichtbetrieb. „Wir hätten die Videoüberwachung gerne weitergeführt - aber das OVG setzt uns enge Grenzen.“ Um die Kriminalitätsrate auf der Reeperbahn zu senken, setzte die Polizei bisher auf eine Kombination aus Videoüberwachung, hoher Präsenz und einem Verbot von Waffen und Glasflaschen. „Ich glaube nicht, dass die Reeperbahn jetzt weniger sicher ist“, sagte Borzutzki.
Die Kameras - sie sind um 360 Grad schwenkbar und haben eine Zoomfunktion - werden aber nicht abgebaut, wie Reschreiter betonte. „Sie können anlassbezogen wieder eingeschaltet werden - etwa bei Demonstrationen und Veranstaltungen, wo sich mehr auf der Straße abspielt. Dann bringt es wieder was.“ Die Überwachungskameras werden auch deshalb nicht abmontiert, weil die Innenbehörde zunächst die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) abwarten will. „Dann werden die Karten wieder neu gemischt.“ Die Videokameras waren für rund 620 000 Euro angeschafft worden.