500 000 Neuerkrankungen pro Jahr Viele Menschen unterschätzen Diabetes-Risiko

Berlin · Ungesundes Essen, Bewegungsmangel, Rauchen und Übergewicht können die Zuckerkrankheit begünstigen. Zu wenigen Menschen seien diese Zusammenhänge klar, sagen Fachleute.

Foto: dpa/Matthias Hiekel

In Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als 500 000 Erwachsene neu an Diabetes. Das geht aus einem Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) zum Weltdiabetestag am 14. November hervor. Rund sieben Millionen Bundesbürger leben demnach bereits mit der Stoffwechselkrankheit. Hochrechnungen sagen einen weiteren Anstieg voraus. „Die Gefahr, an Diabetes zu erkranken, wird viel zu häufig unterschätzt“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

In einer bundesweiten Umfrage des RKI und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schätzten fast achtzig Prozent der rund 2500 befragten Erwachsenen, die laut Tests eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Typ-2-Diabeteserkrankung hatten, ihr Risiko selbst als gering ein. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft forderte, Patienten über 50 Jahre bei einer stationären Aufnahme im Krankenhaus routinemäßig auf Diabetes zu testen.

Diabetes mellitus ist der Sammelbegriff für vielfältige Störungen des menschlichen Stoffwechsels. Hauptmerkmal ist ein chronisch erhöhter Blutzuckerspiegel. Die Ursachen liegen in der Regel bei Störungen in der Produktion des Stoffwechselhormons Insulin in der Bauchspeicheldrüse.

Am häufigsten ist Diabetes vom Typ 2, der durch erbliche Faktoren sowie durch Übergewicht, Rauchen, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel begünstigt werden kann. Bei solchen Risikofaktoren zeigen sich laut RKI deutliche soziale Unterschiede: Bei Menschen aus unteren Bildungsschichten lägen sie häufiger vor.

Den Zusammenhang mit sozialen Parametern bestätigt eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK (Wido). Danach gibt es in Regionen mit einem Mangel an materiellen und sozialen Ressourcen mit rund 11,3 Prozent überdurchschnittlich viele Typ-2-Diabetiker. In Regionen, die im Deutschlandvergleich die beste materielle und soziale Ausgangssituation haben, sind es lediglich sieben Prozent, teilte das Institut am Mittwoch mit.

Neben einem Stadt-Land-Gefälle hat das Wido auch deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern festgestellt. In Hamburg und Schleswig-Holstein liegen die Diabetes-Erkrankungsraten danach mit 6,4 und 7,3 Prozent am niedrigsten. Die östlichen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weisen dagegen hohe Raten von mehr als 11,5 Prozent auf.

Insgesamt ist laut RKI-Bericht inzwischen fast jeder zehnte Bundesbürger zwischen 18 und 79 Jahren von Diabetes betroffen: Bei gut 7 Prozent der Menschen in Deutschland ist die Krankheit nach den aktuellsten verfügbaren Daten von 2010 diagnostiziert, bei weiteren etwa 2 Prozent gilt sie als unerkannt. Für einen Teil der Betroffenen ist Diabetes nach RKI-Angaben mit schwerwiegenden Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Amputationen, Erblindung oder Nierenversagen verbunden. Ein Diabetes kann bis zu zwölf gesunde Lebensjahre nehmen, wie es im Bericht heißt.

Laut der jüngsten Studie ist in Deutschland ein leichter Rückgang von Risikofaktoren wie Rauchen und Bewegungsmangel festzustellen. Es gebe auch weniger Folgeerkrankungen wie Erblindungen und Amputationen. Schwangerschaftsdiabetes komme dagegen häufiger vor als früher.

Erhöhte Blutzuckerwerte schädigen langfristig Blutgefäße, Nerven und zahlreiche Organe. Um das eigene Krankheitsrisiko besser einschätzen zu können, haben das Deutsche Institut für Ernährungsforschung und das Deutschen Zentrum für Diabetesforschung einen Online-Test entwickelt (www.diabinfo.de). Anhand eines Fragenkatalogs kann jeder Interessierte sein eigenes Risiko bestimmen.

(dpa)