Wahlkampf? Türkischer Minister beim Jahrestag des Solinger Brandanschlags
Mitten im türkischen Wahlkampf wird der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu im Mai in Solingen bei der Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Brandanschlags eine Rede halten.
Solingen. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu wird im Mai in Solingen bei der Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Brandanschlags eine Rede halten - mitten im türkischen Wahlkampf. Ein Sprecher der Stadt sagte am Montag, von der Ansprache wisse man seit einigen Tagen, der Auftritt bei der Gedenkstunde am 29. Mai stehe fest. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte vergangene Woche verkündet, dass bereits am 24. Juni Parlaments- und Präsidentenwahlen stattfinden sollen.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Sonntag betont, die Bundesregierung werde keine Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsvertreter in Deutschland zulassen. Am Montag stellte Maas aber klar, dass dieser Auftritt nicht unter das Wahlkampfverbot für ausländische Regierungsvertreter in Deutschland falle. „Das ist für uns keine Wahlkampfveranstaltung, denn sie hat einen ganz anderen Hintergrund“, sagte er am Rande eines G7-Außenministertreffens im kanadischen Toronto. „Das ist eine Veranstaltung, die regelmäßig stattfindet und dort wird der Opfer dieses schrecklichen Brandanschlags gedacht.“
Der Solinger Stadt-Sprecher sagte, auch vor fünf Jahren habe beim Gedenken an die Opfer des Mordanschlags auf die türkischstämmige Familie Genc ein Regierungsvertreter aus der Türkei geredet. Die Stadt werde um den Ansprache-Text vorab bitten, um ihn ins Deutsche übersetzen und diesen während der Gedenkfeier als Broschüre verteilen zu können. „Ich gehe davon aus, dass die türkische Regierung hohen Respekt vor der Familie Genc und den Opfern des Mordanschlags hat und das berücksichtigen wird.“
Grüne und Linke kritisierten den Auftritt dennoch scharf. „Während wir noch über den Umgang mit türkischen Wahlkämpfern diskutieren, macht der türkische Außenminister Cavusoglu längst Nägel mit Köpfen“, sagte Grünen-Politiker Cem Özdemir der „Augsburger Allgemeinen“. „Solange nicht die gleichen Rechte für die Opposition gelten, sollten wir uns für dieses Schmierentheater nicht hergeben.“
Erdogan hatte am Samstag angekündigt, auch im Ausland Wahlkampf zu machen. In Deutschland leben rund 1,4 Millionen türkische Wahlberechtigte. Am 29. Mai 1993 starben fünf Frauen und Mädchen der Familie Genc bei dem Anschlag in Solingen, vier rechtsradikale Männer wurden wegen Mordes verurteilt. (dpa)