Warten auf Freiheit - Achenbach zwei Jahre in Haft
Düsseldorf (dpa) - Für Helge Achenbach gab es ein Leben vor dem 10. Juni 2014, und es gibt eines danach.
Vorher, da reiste der umtriebige Kunstberater um die Welt, flanierte mit millionenschweren Kunden über die Kunstmessen von Basel bis Miami, fädelte Deals zwischen Großunternehmen und Museen in New York ein, schmiss glamouröse Partys. Das änderte sich auf einen Schlag kurz nach Pfingsten 2014, als Achenbach am Flughafen Düsseldorf festgenommen wurde.
Zuvor hatte er noch das WM-Quartier der Fußball-Nationalelf in Brasilien mit Kunst bestückt. Seit zwei Jahren sitzt Deutschlands bekanntester Kunstberater in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Essen.
Schon im März 2015 hatte das Landgericht Essen Achenbach wegen Millionenbetrugs an seinem Duzfreund und Aldi-Erben Berthold Albrecht zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Achenbach legte unter Tränen ein Teilgeständnis ab: Bei Kunstverkäufen gestand er verdeckte Preisaufschläge, bei Oldtimer-Deals wies er Betrugsvorwürfe zurück. Achenbachs Verteidiger legte Revision ein.
Mehr als ein Jahr später wurde am Mittwoch der Beschluss des Bundesgerichtshof bekannt. Der BGH bestätigte nach Angaben von Achenbachs Verteidiger Thomas Elsner das Urteil im Wesentlichen. Trotz einiger Korrekturen würde sich an dem Strafmaß nichts ändern, teilte Elsner mit. „Herr Achenbach hat sich innerlich in letzter Zeit schon darauf eingestellt. Sein Blick ist nach vorne gerichtet.“ Der Verteidiger strebt nun an, dass Achenbach zeitnah in den offenen Vollzug kommt.
Die zwei Jahre U-Haft werden auf das Urteil angerechnet, so dass der einstige Tausendsassa der rheinischen Kunstszene theoretisch jetzt sein „Bergfest“ im Gefängnis feiern könnte. Denn üblicherweise werden Haftstrafen bei bestimmten Voraussetzungen nach zwei Dritteln zur Bewährung ausgesetzt.
Achenbachs Ehefrau Dorothee sagte der Deutschen Presse-Agentur, ihrem Mann gehe es in der JVA „recht gut, obwohl er seine Familie sehr vermisst“. In einem Fernsehinterview hatte Achenbach dem Sender n-tv im Herbst 2015 einen öffentlichen Einblick in seinen Gefängnisalltag gegeben. „Brutalst“ sei sein Fall gewesen. Er habe in den ersten Tagen sogar an Selbstmord gedacht.
Im Gefängnis arbeitet Achenbach inzwischen als Sportwart - und er hat sich neu erfunden. Aus dem Kunstberater ist ein Maler geworden. Sein erstes großes Bild, ein Alpenpanorama, wird am 18. Juni im Kölner Auktionshaus Van Ham versteigert - zusammen mit Restbeständen aus seinem inzwischen zerschlagenen Firmengeflecht. Der Erlös aus dem Achenbach-Erstlingswerk geht nicht an den Insolvenzverwalter, sondern als Spende an die Flüchtlingshilfe.
Schon vergangenes Jahr waren in einer Auktionsserie mehr als 2400 Kunstwerke aus dem Firmenlager Achenbachs für insgesamt rund 7,5 Millionen Euro versteigert worden. Dem gegenüber stehen Gläubigerforderungen in zweistelliger Millionenhöhe.
In der Kunstszene spricht man nur noch wenig über den Fall Achenbach. Öffentlich hat sich seit der Inhaftierung kaum jemand über den einst umtriebigen Kunstberater äußern wollen, der vorher mit Galeristen, Sammlern und Künstlern auf Du war.
Der Hamburger Sammler Harald Falckenberg ist einer der wenigen, der offen seine Meinung sagt. Er finde das Urteil „unverhältnismäßig hoch“, sagt Falckenberg in der TV-Doku „Geld Macht Kunst“, in der es um die Mechanismen des milliardenschweren Kunstmarkts geht. Der Film soll im Herbst bei arte gesendet werden. Achenbach sei ein „sehr angenehmer, geistreicher Typ“, sagt Falckenberg. Aber jeder habe gewusst, was er für Geschäfte mache.
Achenbachs Firmen und Restaurants sind Vergangenheit. Der studierte Sozialpädagoge Achenbach schmiedet dennoch Pläne für die Zukunft und will sich nach Angaben seiner Frau in der Flüchtlingshilfe engagieren. Zuvor hatte Achenbach auch angekündigt, dass er nach seiner Haftentlassung jungen Künstlern beim Durchbruch helfen wolle. „Mich abzuschreiben, das wäre falsch“, hatte er im RTL-Interview gesagt. „Ich komme schon zurück.“ Aber mit Kunst handeln werde er nicht mehr.