Weniger Drogentote — aber das Elend ist groß
Für Zehntausende in Deutschland gehören Drogen zu ihrem bitteren Alltag.
Berlin. 1.394 — 1.449 — 1.331 — und nun 1.237: Deutschland hat sich an die jährlichen Drogentotenzahlen gewöhnt. Hinter den Zahlen stecken aber erbarmungswürdige Schicksale. Rauschgift bestimmt den Alltag der Süchtigen. Der Drogentod in Deutschland ist oft das stille Ende eines langen Leidens. Immer mehr Heroinkranke leben schon seit Jahren mit dem Rauschgift, sind oft um die 40, sehen aber älter aus.
„Für die Abhängigen bedeutet das häufig Zerstörung der Chancen eines freien, eigenverantwortlichen Lebens“, sagt die Bundesdrogenbeauftragte Mechthild Dyckmans (FDP). Hilfsangebote, Methadon und Druckräume hätten immer mehr Betroffenen das Überleben ermöglicht. Viele leben schon lange mit der Sucht. Bei rund fünf Prozent der Todesfälle gingen Selbsttötungsabsichten voraus.
Und Nachschub ist da — wenn es beim Heroin auch einen Einbruch gab. Die Polizei stellte 474 Kilogramm sicher, 38 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, berichtet von einer geringeren Produktionsmenge von Rohopium vor allem in Afghanistan. Waren es 2009 noch 6.900 Tonnen, sank die Zahl 2010 auf 3.600 Tonnen.
Doch es könnte wieder mehr werden, so lange die Bauern in Afghanistan keine ausreichenden Alternativen sehen, warnt Ziercke. Vielleicht verknappe die Drogenmafia auch das Angebot, um den Preis nach oben zu treiben. Dafür stellte die Polizei 3.031 Kilogramm Kokain sicher, fast 80 Prozent mehr als 2009.
Auch bei vermeintlich weichen Drogen lauern unabsehbare Gefahren. Ziercke verweist auf die 348 Indoor-Plantagen für Cannabis, die die Polizei 2010 in Deutschland aushob. Hier hat das Cannabis einen Wirkstoffgehalt von bis zu 15 Prozent — normal seien sonst zwei bis vier Prozent. Von einer weichen Droge könne man gar nicht mehr sprechen.
Auch sogenannte „Legal Highs“ (nicht verbotene Substanzen) bereiten den Behörden immer mehr Kopfzerbrechen. Als Badesalz, Lufterfrischer oder Kräutermischung getarnt kann so ein Gemisch Todesgefahren bergen. Was wirklich drin ist oder wie viel — das wissen die Konsumenten in der Regel nicht.
Und wird ein Produkt aus dem Verkehr gezogen, kommen neue nach. Bereits nach dem „Spice“-Verbot vor zwei Jahren warnten Experten, dass immer neue künstliche Stoffe auf den Markt kommen würden — die dann ihrerseits verboten werden müssten.