Kolumne Wie ich den Valentinstag lieben lernte

Düsseldorf · Unser Autor liegt dem Valentinstag zu Füßen - trotz Herzchenkitsch und süßlicher Floristenwerbung. Wie es dazu kam, erklärt er an dieser Stelle.

Der Valentinstag und die Folgen: Unser Redakteur Ekkehard Rüger und seine Frau Annerose Frickenschmidt am Tag ihrer kirchlichen Hochzeit.

Foto: Ekkehard Rüger

Manchmal ist das Leben eben doch kitschiger als die Fantasie. Und wenn sich dieser Lebenskitsch auch noch mit Ahnungslosigkeit paart, kann daraus nur etwas ganz Großes entstehen. Seither liege ich dem Valentinstag zu Füßen. Und das kam so. Sie mögen an dieser Stelle vielleicht anmerken, ich sollte besser meiner Frau zu Füßen liegen. Das wäre an sich ein berechtigter Einwand, verkennt allerdings, dass auf den verschlungenen Pfaden der Liebe das eine mit dem anderen durchaus untrennbar verbunden sein kann.

Zu den mitunter schwierigeren Vereinbarungen einer Liebesbeziehung gehört schließlich die Verständigung darüber, wann denn nun diese Beziehung ihren Anfang nahm. War es die erste Begegnung, der erste Kuss, die erste Liebeserklärung? Manche Paare helfen sich damit, dass sie gleich ein Dutzend Ereignisse auswählen und auf diesem Wege jeden Monat etwas zu feiern haben. Was mich und meine Frau betrifft, haben wir uns relativ problemlos auf den 14. Februar 2003 geeinigt.

Wohlgemerkt nur auf den 14. Februar als puristisches Datum. Alle anderen Aufladungen und Bezeichnungen dieses Tages, insbesondere auch jegliches Bewusstsein für die schützende Hand des heiligen Valentinus über dem Liebesgeschehen dieser Welt, waren uns zu diesem Zeitpunkt, man mag es glauben oder nicht, gänzlich unbekannt. Zur Entschuldigung für diese unverzeihliche Bildungslücke können wir einzig unsere konfessionelle Prägung durch den Protestantismus ins Feld führen, der ja, was sein Heiligen-Sortiment angeht, vergleichsweise abgemagert dasteht.

Vielleicht war das auch der tiefere Grund dafür, dass ich nach einer gewissen Zeit der weiteren Annäherung und Erprobung meinte, ein Restaurant sei wohl der passende Ort für einen Heiratsantrag. Das gesamte Vorhaben sollte natürlich unverfänglich getarnt werden, was in diesem Fall nicht sonderlich schwerfiel, denn als thematisch recht passendes Datum hatte ich mir unseren ersten Jahrestag ausgesucht – ein Ereignis, das vermutlich 90 Prozent aller Liebespaare der westlichen Welt mit einem Restaurantbesuch feiern. Mir schien das eine geradezu perfekte Verschleierung meiner wirklichen Absichten zu sein.

Umso irritierter war ich, als wir dann am 14. Februar 2004 unbedarft die Stufen zum Lokal im Souterrain des Bahnhofs meiner Geburtsstadt hinabstiegen und in eine Art gemachtes Liebesnest stolperten. Rote Luftballons in Herzform füllten den gesamten Raum, Herzchen bestimmten allenthalben die Dekoration, die Krönung war eine Rose auf jedem Tisch. Wenn man zusätzlich noch weiß, dass Rose die von mir bevorzugte Kurzform des Vornamens meiner Frau ist, sind wir endgültig auf Rosamunde-Pilcher-Niveau angekommen, Gott hab sie selig.

Ich meine mich in der Rückschau an den Anflug eines Gefühls leichter Desillusionierung zu erinnern, verbunden mit der verunsichernden Frage, wer mich und meine Pläne verraten haben könnte. Die sozialen Netzwerke schieden aus – Facebook war damals gerade erst zehn Tage alt. Ich glaube, irgendein Tischkärtchen hat schließlich für Aufklärung gesorgt.

Mein männlicher Stolz verbietet es mir, die besonderen Umstände des Valentinstages als mitentscheidend dafür anzusehen, dass meinem Heiratswerben an jenem Abend umgehender Erfolg beschieden war. Aber seither erdulde ich Jahr für Jahr tapfer allen öffentlich dekorierten Herzchenkitsch, jede süßliche Floristenwerbung und die zahllosen publizierten Beziehungstipps aus der prall gefüllten Schublade der Küchenpsychologie. Meine Liebe zum Valentinstag bleibt davon ungetrübt – und zu dieser Frau auch.