Willkommen in Londons Anti-Palast
Nach dem Umbau öffnet Kensington Palace für Besucher.
London. Kensington ist Londons Anti-Palast: Im Gegensatz zur Machtzentrale der Royals, dem Buckingham Palast, wo kein Lüftchen an Polstern und Antiquitäten entlang weht, Besucher respektvoll hinter roten Kordeln Abstand halten müssen zu Dingen, die nie benutzt werden, geht es in der Filiale Kensington fast gemütlich zu. Authentisch und lebensnah haben die Kuratoren in den restaurierten Räumen den Alltag von vier Generationen der Krone porträtiert.
Dafür ist kräftig umgebaut worden. Der rote Salon etwa, ein eleganter Saal, in dem die 18-jährige Victoria 1837 erstmals Regierungsrat hielt, war viele Jahre als Kassenbereich verhunzt worden. Jetzt dürfen Gäste dort mit Victorias nervenaufreibendem Debüt mitfiebern. „In den Salon ging ich recht allein“, steht auf dem Teppich vor den geschlossenen Saaltüren notiert — in ihrer Schrift und ihren Worten.
Das Kleid, das sie trug, ist zum Greifen nah; die Uniformen jener Würdenträger, die sie konfrontierte, dürfen anprobiert werden. „Wir wollten das Gefühl der Einschüchterung kreieren, das sie gespürt haben muss“, erläutert die Projektleiterin.
Einen Großteil des Budgets hat freilich der Garten verschlungen, lange Jahre eine botanische Patchwork-Halde. „Kensington Palast sah von außen aus wie eine Besserungsanstalt“, sagt Gartengestalter Todd Longstaff-Gowan mit Blick auf den 407 Jahre alten, roten Backstein-Bau.
60 Bäume ließ er fällen, Hecken und Bodendecker rausrupfen. Longstaff-Gowan preist die neu kultivierte Landschaft als „Versailles-Moment“: „Nur Gras und großartige Perspektiven — kein Brimborium, sondern ungekünstelter, englischer Stil.“ Gartenliebhaber wird dies freuen. Es sind die vielen Diana-Fans, die vom frisch renovierten „Landhaus“ der Royals enttäuscht sein dürften.
Bis zu ihrem Tod hatte die Prinzessin der Herzen im Kensington Palace gewohnt. Einzige Erinnerung an sie ist ein winziges Zimmer. „Hätten wir mehr gezeigt, hätten wir uns dem Vorwurf ausgesetzt, Gewinn aus ihrem Schicksal schlagen zu wollen“, sagt eine Palastsprecherin.
Und so runzelt mancher Besucher die Stirn, eine Amerikanerin kann es kaum fassen: „Ist das alles?“ Ein Meer aus Blumen säumte das goldene Tor am Kensington Palast, als sie starb — und ein Schrein ist diese Stelle auch heute noch. Grablichter flackern am Eingang, jemand hat Rosen niedergelegt.