Wim Wenders: Mit 65 Jahren in neue Kino-Welten

Von Ruhestand keine Spur: Regisseur Wim Wenders arbeitet an einem 3D-Film über das Wuppertaler Tanztheater.

Berlin. Der Oscar, der fehlt noch. Ansonsten hat Wim Wenders alle wichtigen Filmpreise gewonnen: Goldene Palme von Cannes, Löwe von Venedig, Silberner Bär der Berlinale, Helmut-Käutner-Preis in Düsseldorf. Der Regisseur ist einer der wichtigsten Vertreter des "Neuen Deutschen Films" und der einzige, der auch 40 Jahre nach dessen Blütezeit noch voller Elan für die große Leinwand produziert. Am Samstag wird der Meister 65 Jahre alt.

Wenders’ Filme sind Gemälde mit der Kamera. Mit großartigen Bildern, intensiver Musik und viel Zeit erzählt er Geschichten, die oft von Heimatlosigkeit und der Suche nach einem inneren Gleichgewicht handeln. "Kaum ein Filmregisseur der Gegenwart hat so nachdrücklich über das nachgedacht, was Bilder mit uns und aus uns machen", befand die Jury des Filmfestivals von Locarno, die ihn 2005 mit einem Spezialpreis für seine Verdienste auszeichnete.

Zu den schönsten seiner rund 40 Werke gehört bis heute "Der Himmel über Berlin", eine poesievolle Liebeserklärung an die damals noch geteilte Stadt. Internationalen Erfolg brachte auch die Patricia-Highsmith-Verfilmung "Der amerikanische Freund" (1977) und vor allem das Roadmovie "Paris, Texas" (1984). Schöner lässt sich Autorenkino nicht mit Publikumserfolg paaren.

Interviews zu seinem 65.Geburtstag gibt Wenders nicht gern. Stattdessen zählte er kürzlich 65 Stationen auf, die seinen Weg prägten - vom ersten Kinobesuch mit seiner Oma über die Freundschaft mit Peter Handke bis zu der Zeit in seiner früheren Wahlheimat Amerika.

Eigentlich hatte der Arztsohn aus Düsseldorf nach einem kurzen Medizin- und Philosophiestudium Maler werden wollen. Doch als er 1966 von der Kunsthochschule in Paris abgewiesen wird, verdingt er sich als Kupferstecher in einem Atelier und entdeckt in der "Cinémathèque Française" seine Liebe zum Kino.

Nach dem Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München gründet er 1971 mit zwölf anderen den Filmverlag der Autoren, der für künstlerisch anspruchsvolles Kino jenseits kommerzieller Zwänge steht. Ein erster Aufenthalt in den USA Ende der 70er Jahre wird zum Alptraum.

Wenders soll für Francis Ford Coppola den Krimi "Hammett" drehen, doch das Projekt zieht sich über vier Jahre hin: Wegen Drehbuchänderungen mussten rund 80 Prozent des Films mehrmals gedreht werden. Während dieser Krise entstehen aber auch so wunderbare Geschichten wie "Der Stand der Dinge" (1982) - so dass er ab Mitte der 90er Jahre ausschließlich in den USA arbeitet. Inzwischen lebt er mit seiner dritten Frau Donata, einer Fotografin, wieder überwiegend in Berlin.

In einem Alter, in dem andere in Ruhestand gehen, stellt Wenders sich derzeit einer neuen Herausforderung: Seit gut einem Jahr arbeitet er erstmals mit 3D-Technik. Die Dokumentation "Pina" über das Wuppertaler Tanztheater der 2009 gestorbenen Choreografin Pina Bausch soll nächstes Jahr in die Kinos kommen. "3D gibt uns die Möglichkeit, den Zuschauer direkt mit auf die Tanzbühne zu nehmen", sagt Wenders, "mitten ins Geschehen hinein".