Wisent-Herde im Rothaargebirge: Der König der Wälder ist zurück

Vor 90 Jahren waren die Wisente vom Aussterben bedroht, jetzt wird im Rothaargebirge eine Herde ausgewildert. Statt Zäunen gibt es GPS-Sender.

Bad Berleburg. Der „König der Wälder“ war in Deutschland fast ausgestorben, jetzt sollen Wisente hier wieder frei leben können. Erstmals werden am Donnerstag acht Tiere in die Freiheit entlassen. In den vergangenen drei Jahren wurde die Herde darauf vorbereitet. „Wir haben fast zehn Jahre an dem Projekt gearbeitet, jetzt können wir endlich die Zäune aufmachen“, sagt Johannes Röhl vom Verein Wisent-Welt Wittgenstein in Bad Berleburg.

Die erste Idee zur Ansiedlung der früher in ganz Mitteleuropa verbreiteten Verwandten des Bisons hatte Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. „Anfangs waren hier einige sehr dagegen“, sagt Röhl. Besonders die Tourismus-Branche befürchtete, dass die bis zu drei Meter großen und bis zu 800 Kilo schweren Ur-Rinder Urlauber in Angst und Schrecken versetzen könnten. Aber das Gegenteil ist der Fall: „Der Tourismus wirbt mittlerweile sogar mit den Wisenten“, sagt Röhl.

In einem 88 Hektar großen Gehege wurde die Herde um die Leitkuh „Araneta“ und den Bullen „Egnar“ auf die Auswilderung vorbereitet. Dass die Tiere im Wald und auf Feldern großen Schaden anrichten werden, glaubt Röhl nicht. „Es gab natürlich Befürchtungen, dass sie Unsinn und Ärger machen. Aber wir haben gezeigt, dass das nicht so ist. Sie sind ruhig und gelassen.“

Deshalb werden die Wisente auch nicht in einer Staubwolke in die Freiheit verschwinden, wenn am Donnerstag das erste Stück des rund vier Kilometer langen Zauns abgebaut ist. „Wir gehen davon aus, dass sie auf etwa 2000 bis 3000 Hektar herumstreifen werden“, sagt Röhl. Aber vermutlich werden die Tiere sich immer wieder an ihrer bekannten Futterstelle orientieren. Dort sollen sie im Winter weiter von Wisent-Ranger Jochen Born versorgt werden.

Nicht nur im Winter will Born immer mal wieder nach seinen Schützlingen sehen. „Ich glaube nicht, dass der Kontakt ohne Zaun weniger wird, denn das wissenschaftliche Interesse ist sehr groß“, sagt er. Natürlich müsse er auch ein wenig loslassen, sagt der Ranger. „Das ist wie bei einem Familienvater, wenn die Kinder flügge werden. Aber die werden schon zurechtkommen.“

Zunächst war überlegt worden, Tausende Hektar Wald im Rothaargebirge zu umzäunen. Dann gab es die Idee eines „virtuellen Zauns“. Die Wisente sollten bei Annäherung zunächst mit einem Ton gewarnt und dann mit einem Stromstoß eines Elektrohalsbandes verschreckt werden. „Das wäre technisch sehr aufwendig gewesen und ist ja zum Glück auch nicht nötig“, sagt Röhl. Drei der Tiere tragen ein Halsband mit GPS-Sender. „Damit haben wir den Aufenthaltsort der Herde immer im Blick.“

Die ganz große Freiheit wird die Herde zunächst nicht bekommen. „Wir werden weiter in die Herdenstruktur eingreifen müssen“, sagt Röhl. Wenn der weibliche Nachwuchs geschlechtsreif werde, müsse der Bulle ausgetauscht werden, um Inzucht vorzubeugen. Auch wenn es in Europa wieder fast 4000 Wisente gebe, stammten doch alle von zwölf Tieren ab. „Der enge Gen-Pool ist immer noch ein großes Problem der Wisente“, sagt Röhl.