Barsche setzen gezielt auf bereitwillige Jagdhelfer

Cambridge (dpa) - Was vor einem dicken Fisch gut versteckt ist, kann für einen schlanken noch gut erreichbar sein. Das machen sich bestimmte Barsche zunutze: Sie spannen Muränen als Beutetreiber ein.

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Dabei beweisen sie ähnliches Gespür für gute Helfer wie Schimpansen, sagen Forscher.

Bestimmte Barsche machen bei der Jagd gemeinsame Sache mit anderen Meeresräubern - und wählen ihre Partner dabei mit Bedacht. Die Fische seien in der Lage, sich geeignete Helfer zu merken und in ähnlichen Situationen gezielt als Jagdpartner zu wählen, berichten Wissenschaftler im Fachblatt „Current Biology“. Bislang sei angenommen worden, dass nur Menschen und Affen diese komplexe Fähigkeit haben.

Die Forscher um Alexander Vail von der Universität Cambridge in Großbritannien hatten das Verhalten von Leopard-Forellenbarschen (Plectropomus leopardus) untersucht. Die Raubfische leben an den Korallenriffen des westlichen und zentralen Indopazifik. Spüren sie Beute in unzugänglichen Spalten auf, animieren die Barsche mit Kopfbewegungen schlanker gebaute Meeresräuber wie Muränen, Kraken oder Napoleon-Lippfische, die entdeckte Beute aus ihrem Versteck zu scheuchen - eine Zusammenarbeit, von der beiden Seiten profitieren.

Die Barsche nutzten ihre Helfer quasi als Werkzeug, erläutern die Forscher, da es ihnen nun mal nicht möglich sei, ihre Beute mit einem Stöckchen aus dem Versteck zu stochern. Die Forscher simulierten im Labor solche Jagdsituationen. Der Versuchsaufbau orientierte sich dabei an ähnlichen Experimenten mit Schimpansen. Bei diesen war vor einigen Jahren herausgefunden worden, dass sie mit Bedacht entscheiden, wann und mit wem sie zusammenarbeiten, um an Futter zu gelangen.

Den Leopard-Forellenbarschen wurden Beutefische gezeigt, die sich entweder im freien Wasser oder in den Spalten eines künstlichen Riffs befanden. Zum Experiment gehörte das Modell einer Muräne, das in der Lage war, den Beutefisch aus der Riffspalte zu jagen. Das Ergebnis: Die Barsche entschieden situationsgerecht, ob sie die Hilfe der Muräne anforderten.

In einem zweiten Versuch konfrontierten die Forscher die Tiere mit Muränen-Modellen, die gute oder schlechte Helfer waren. Während die guten die Beutefische aus den Riffen jagten, schwammen die schlechten in die entgegengesetzte Richtung. Auch in freier Wildbahn gibt es Muränen, die eine Zusammenarbeit verweigern. Der Lerneffekt war deutlich: Bereits nach einem Tag mit sechs Versuchen je getestetem Barsch entschieden sich die Räuber überwiegend für das hilfsbereite Muränen-Modell.

„Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass Leopard-Forellenbarsche - ähnlich wie Schimpansen - entscheiden können, wann eine Situation einen Helfer erfordert, und schnell lernen, den effektivsten auszuwählen“, wird Studienleiter Vail in einer Mitteilung zur Studie zitiert. Das Ergebnis stütze die Annahme, dass auch ein relativ kleines Gehirn kognitive Fähigkeiten haben könne, die sich mit denen von Affen vergleichen ließen oder diese sogar überträfen.

Komplexes Verhalten spiegele nicht immer einen komplexen Verstand, heißt es weiter. Die Vermutung liege nahe, dass auch andere Spezies über ähnliche Fähigkeiten verfügen. Die zentrale Frage sei, ob die zugrundeliegenden Prozesse bei Mensch, Affe und Barsch das Ergebnis einer gemeinsamen Abstammung sind oder im Lauf der Evolution mehrfach entstanden. Wahrscheinlicher sei letzteres, so Vail.