Fledermäuse pflegen ihre alten Freundschaften

London/Greifswald (dpa) - Fledermäuse kennen ihre Freunde und Familien. Auch in sich verändernden Kolonien finden sie sich immer wieder und bilden erstaunlich stabile Gruppen.

Damit ähnele ihr Sozialverhalten, dem von Elefanten, Delfinen oder Menschenaffen, berichten Forscher aus Greifswald und Zürich in den „Proceedings B“ der britischen Royal Society. Langfristige soziale Beziehungen seien demnach nicht von hohen kognitiven Leistungen abhängig, sagte Gerald Kerth von der Universität Greifswald der Nachrichtenagentur dpa.

Das Team um Kerth hatte zwei Kolonien von Bechsteinfledermäusen (Myotis bechsteinii) in Franken mit insgesamt bis zu 60 Tieren fünf Jahre lang beobachtet. Die Art lebt in großen Teilen Europas. Alle Tiere wurden mit Mikrochips markiert. Die Analyse der sozialen Netzwerke basierte damit auf 20 500 individuellen Daten.

Ergebnis: Gerade Weibchen, die bis zu 20 Jahre alt werden, spielen eine große Rolle beim Zusammenhalt der jeweiligen Gruppe und der ganzen Kolonie. Einige Weibchen, die ihre Gruppe wechselten, taten dies stets zusammen mit ihrer Mutter oder Tochter. Die Studie zeigte zudem, dass die Tiere sich nicht nur individuell erkennen und über Jahre aneinander erinnern, sondern dass Verwandtschaft und Freundschaft auch eine wichtige Rolle bei ihrer Gruppenbildung spielen.

Die Untersuchungen seien jeweils von April bis September erfolgt, berichtete Kerth. Wo die Fledermäuse schlafend den Winter verbringen, sei nicht bekannt. Im Frühjahr hätten sich aber dieselben Individuen zusammengefunden wie im Jahr zuvor. „Wie der Mechanismus des Wiedererkennens funktioniert, wissen wir nicht“, sagte Kerth. Es sei beobachtet worden, dass Fledermäuse die Nasen aneinander rieben. Dabei würden Sekrete mit individuell besonderen Bestandteilen abgesondert. Möglicherweise würden sich die Tiere am Geruch oder auch an der Stimme erkennen.

„Diese Ergebnisse werfen neues Licht auf den Zusammenhang zwischen komplexen Sozialstrukturen und kognitiven Fähigkeiten bei Tieren“, erläuterte Kerth. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Entwicklung großer Gehirne bei einigen Säugetieren im Verlauf der Evolution nicht unbedingt mit hohen kognitiven Herausforderungen zur Aufrechterhaltung von sozialen Bindungen in komplexen Gesellschaften erklärt werden kann.“