Fröhlich oder höhnisch? Das Hirn muss jedes Lachen interpretieren
Tübingen (dpa) - Man kann jemanden anlachen - oder ihn auslachen. Für das Gehirn ist es eine komplexe Aufgabe, das zu unterscheiden. Forscher sind diesem Mechanismus nun auf die Spur gekommen. Das könnte eines Tages Patienten mit krankhaften Angststörungen helfen.
Ein fröhliches Lachen wird im menschlichen Gehirn ganz anders verarbeitet als ein höhnisches Gelächter oder das Gekichere von jemandem, der gerade gekitzelt wird. Tübinger Wissenschaftler haben nun gezeigt, wie genau das Gehirn solche Lachsignale verarbeitet.
Im US-Fachjournal „PLOS ONE“ berichten sie, dass eine positive nonverbale Kommunikation - etwa ein freudiges Lachen - andere Reaktionen auslöst als ein negatives, höhnisches Gelächter. Die Neurowissenschaftler hoffen, mit diesem Wissen eines Tages krankhaft ängstlichen Menschen helfen können.
Das Lachen sei eine sehr alte Form der nonverbalen Kommunikation. Auch Affen und Ratten lachen. „Bei Tieren findet man es zum Beispiel bei Fangspielen“, sagte Professor Dirk Wildgruber von der Universität Tübingen. „Es hat eine Bedeutung als Belohnungssignal, das die Bereitschaft der Eltern und Geschwistertiere steigert, mit den Kleinen zu spielen - und diese dabei auf spätere Aufgaben vorzubereiten.“
Bei Menschen hätten sich verschiedene Formen des Lachens entwickelt, die ganz komplexe Intentionen haben können. „Lachen ist in der sozialen Interaktion ein sehr starkes Signal. Wenn man freudig angelacht wird, fühlt man sich aufgenommen. Wenn man Opfer eines höhnischen Lachens wird, fühlt man sich aus einer Gruppe ausgeschlossen“, erklärte der Wissenschaftler und Arzt für Psychiatrie.
Für ihre Untersuchung haben Wildgruber und sein Team ihren Probanden verschiedene Lacherarten vorgespielt und gemessen, wie sie im Gehirn verarbeitet werden. Es zeigte sich: Wenn ein Menschen gekitzelt wird, reagieren vor allem die Hirnregionen, die für die Verarbeitung komplexer akustischer Signale zuständig sind. Bei einem fröhlichen oder höhnischen Lachen wurden hingegen die Bereiche stärker aktiviert, die eine Rolle spielen, wenn wir die Absichten eines anderen Menschen einschätzen wollen. Dabei wurden bei fröhlichem und höhnischen Lachen jeweils unterschiedliche Verbindungen zu anderen Gehirnbereichen aktiviert.
„Für unsere Patienten in der Psychiatrie hat das eine hohe Relevanz“, sagte der Oberarzt. Bei vielen psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depression oder Schizophrenie sei oft das Erkennen von nonverbaler Kommunikation gestört. Die Experten wollen deshalb als nächstes untersuchen, wie Lachsignale im Gehirn von Menschen mit krankhaften sozialen Ängsten verarbeitet werden. Die Hoffnung sei, dabei herauszufinden, an welchen Stellen man mit Hirnstimulationsverfahren ansetzen könne, um Patienten in der psychotherapeutischen Behandlung zu helfen, sagte Wildgruber. Bis die Methode in der klinischen Praxis eingeführt werden könnte, werde es aber noch längere Zeit dauern.