Gezüchtete Schimmelpilze sind friedlicher

New York/Nashville (dpa) - Pflanzen wurden ertragreicher, Nutztiere größer - und auch die vom Menschen domestizierten Mikroorganismen haben sich verändert.

Wohl in einer Mischung aus Absicht und Zufall habe sich über die Jahrhunderte ihr Stoffwechsel angepasst, berichten US-Forscher im Fachjournal „Current Biology“. Bei Pflanzen und Tieren hätten sich dagegen bei der Kultivierung hauptsächlich Körpermerkmale verändert, schreiben die Wissenschaftler um Antonis Rokas von der Vanderbilt Universität in Nashville (US-Staat Tennessee).

Für die Studie hatten die Forscher den kultivierten Schimmelpilz Aspergillus oryzae untersucht, der vor allem zur Herstellung des Reisweins Sake, von Sojasoße und japanischer Miso-Paste benutzt wird. Sie verglichen ihn mit seinem nicht kultivierten Verwandten Aspergillus flavus, dessen Erbgut zu 99,5 Prozent identisch ist - und fanden „dramatische“ Unterschiede in den Genstrukturen für einzelne Stoffwechselwege. Während A. flavus giftige Stoffe produziert, ist A. oryzae ungefährlich und wandelt bei der Herstellung von Sake Reisstärke in Zucker um.

„Wir waren sehr überrascht, dass der Teil des Stoffwechsels, der für die Produktion der giftigen Stoffe zuständig ist und den die Schimmelpilze zur Verteidigung benutzen, in dem kultivierten Schimmelpilz sehr unterdrückt war. In seinem wilden Verwandten war er es dagegen nicht“, wird Rokas in einer Mitteilung zur Studie zitiert. „Der Kultivierungsprozess hat also einen Schimmelpilz zum Vorschein gebracht, der - salopp gesagt - friedlich mit seinen Nachbar-Mikroben zusammenlebt.“ Die giftigen Nebenprodukte von Aspergillus flavus hingegen - Aflatoxine genannt - können selbst Menschen gefährlich werden: Sie wirken krebserregend.

Für China sei nachgewiesen, dass dort schon vor 7000 Jahren fermentierte Lebensmittel genutzt wurden, schreiben die Forscher. Später sei die Produktion von Reiswein entwickelt worden. Die Stärke aus den Reiskörnern muss dabei vor dem Brauen erst in Zucker umgewandelt werden - mit Hilfe des Schimmelpilzes Aspergillus oryzae. Für die Gärung wird Hefe zugegeben - ebenfalls ein Pilz, Saccharomyces cerevisiae genannt.