Italienische Spezialitäten auf dem Weg zur ISS

Kourou (dpa) - Die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS können sich auf Nachschub von der Erde freuen: Der in Deutschland gebaute Raumtransporter „Albert Einstein“ startete in der Nacht zum Donnerstag mit rund sieben Tonnen Fracht an Bord in Richtung Außenposten der Menschheit.

Wenn bei der 450 Millionen Euro teuren Mission alles nach Plan läuft, wird er dort am Samstag kommender Woche (15. Juni) automatisch andocken. Zur Ladung des unbemannten Versorgungsschiffes vom Typ ATV gehören nach Angaben der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) Treibstoff und Wasser, aber auch Lasagne, Tiramisu, Parmesankäse sowie neue Schlafanzüge und Socken.

„Sie wissen, für junge Italiener ist es sehr wichtig, schöne Klamotten zu haben“, scherzte Esa-Chef Jean-Jacques Dordain zum ATV- Start in Anspielung auf den 36-jährigen Luca Parmitano. Der europäische Astronaut war erst vor wenigen Tagen mit einer Sojus-Kapsel auf der ISS angekommen.

Ins All gebracht wurde „Albert Einstein“ von einer Spezialversion der europäischen Ariane-5-Rakete. Sie startete planmäßig im südamerikanischen Kourou (Französisch-Guayana) und stellte mit dem Flug einen neuen Rekord auf. Mit einem Gesamtgewicht von knapp 20,2 Tonnen brachte der Träger so viel Nutzlast in den Orbit wie nie zuvor. Der Transporter vom Typ ATV ist das größte und technisch ausgefeilteste Raumfahrzeug, das je in Europa entwickelt worden ist. Er wurde wie die Ariane von der EADS-Tochter Astrium gebaut, die einen ihrer größten Standorte im norddeutschen Bremen hat.

Zum wissenschaftlichen Teil der ATV-Ladung gehört eine neue Experimentieranlage für das Flüssigkeitslabor (FSL) der ISS, die in Friedrichshafen am Bodensee entwickelt wurde. Sie soll helfen, das Verhalten von Emulsionen unter bestimmten Bedingungen der Schwerelosigkeit zu erforschen. Emulsionen spielen in vielen Bereichen eine große Rolle, so zum Beispiel in der Lebensmittelproduktion, der Pharmabranche oder der Ölindustrie.

Die ATV-Mission soll insgesamt fast fünf Monate dauern. Das Andockmanöver erfolgt vollautomatisch bei einer Geschwindigkeit von rund 28 000 Stundenkilometern. Danach kann „Albert Einstein“ rund vier Monate als zusätzlicher Lager- und ruhiger Aufenthaltsraum für die Astronauten dienen. Zusätzlich kann der zylinderförmige Transporter Manöver durchführen, um dem natürlichen Höhenverlust der Raumstation entgegenzuwirken und im Ernstfall gefährlichen Weltraumtrümmern auszuweichen. Die Stromversorgung während des Fluges garantieren vier riesige Sonnensegel.

Am 28. Oktober soll „Albert Einstein“ mit Müll von der ISS ablegen und kontrolliert zum Absturz gebracht werden. Dabei verglüht der Transporter über dem Südpazifik in der Erdatmosphäre. Das Nachfolgemodell ATV-5 „Georges Lemaître“ wird derzeit in Bremen erstmals als Einheit auf Flugtauglichkeit und Funktionalität getestet. Es soll Mitte 2014 starten. Künftig soll die Technologie für das neue Mehrzweck-Mannschaftsfahrzeug (MPCV) der US-Weltraumbehörde Nasa genutzt werden. Ein erster unbemannter Probeflug in Richtung Mond ist für 2017 geplant.

„Während wir heute den langfristigen Aufenthalt und die wissenschaftliche Forschung in der niedrigen Erdumlaufbahn unterstützen, werden wir morgen dieses Know-how zusammen mit unseren Partnern auch in ferneren Bereichen des Weltraums einsetzen können“, sagte der für bemannte Raumfahrt zuständige Esa-Direktor Thomas Reiter.