Komplexe Gemeinschaft: Faultier dient Motte dient Algen
Madison (dpa) - Einmal wöchentlich begeben sich Dreifinger-Faultiere aus den Baumwipfeln und setzen ihren Kot auf den Boden - obwohl sie dort viel stärker von Raubtieren bedroht sind.
Die lebensgefährliche Aktion diene den Motten im Pelz der Tiere, berichten Forscher in den „Proceedings B“ der britischen Royal Society. Diese wiederum lieferten wichtige Nährstoffe für die dort ebenfalls gedeihenden Algen, die bei der Fellpflege im Magen der südamerikanischen Säuger landen.
Dreifinger-Faultiere (Bradypus) besitzen das langsamste Verdauungssystem aller Säugetiere, sie ernähren sich nahezu ausschließlich von den energiearmen Blättern einiger Baumarten. Obwohl es die Tiere viel ihrer raren Energie kostet und sie zudem stärker der Gefahr aussetzt, gefressen zu werden, klettern die Faultiere etwa einmal pro Woche auf den Boden und koten in eine Mulde.
Ihre nahen Verwandten, die auch Früchte und tierische Beute fressenden Zweifinger-Faultiere (Choloepus), lassen ihren Kot dagegen oft einfach vom Baum fallen. Die Forscher um Jonathan Pauli von der University of Wisconsin-Madison schlossen, dass es für Dreifinger-Faultiere einen besonderen Vorteil haben muss, ihre Notdurft auf dem Waldboden zu verrichten. Sie vermuteten einen Zusammenhang mit den Algen, die im Faultierfell siedeln. Der Bewuchs geht auf die besondere Struktur des Fells zurück, in dem sich viel Wasser einlagern kann.
Für seine Analyse verglich das Team den Bewuchs und die Stoffe in den Fellen von Dreifinger- und Zweifinger-Faultieren sowie den Inhalt von Vormägen der Tiere. Sie stellten einen engen Zusammenhang zwischen dem Stickstoffgehalt des Pelzes und der Masse an Algen dort fest. Bei Dreifinger-Faultieren lebten im Fell zudem mehr als viermal so viele Motten und ein Drittel mehr Algen.
Die Wissenschaftler fanden, dass die Motten ihre Eier in den frischen Kot der Faultiere legen. Er dient den Larven als Nahrung, die - zu Motten herangewachsen - wieder zu einem Faultier fliegen. Die Insekten bringen Stickstoff- und Phosphorverbindungen ins Fell, die winzigen Algen als Nahrungsgrundlage dienen, berichten die Forscher. Für die Faultiere sind die Algen eine leicht verdauliche und fettreiche Ergänzung ihres Speiseplans.