Laternen bringen Paarungszeit der Vögel durcheinander
Radolfzell (dpa) - Das Licht in den Städten macht Vögel vorzeitig paarungsbereit. „Ihr Testosteronspiegel steigt und ihre Hoden reifen früher im Jahr“, berichtete das Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell am Bodensee.
„Außerdem beginnen sie früher zu singen und zu mausern.“ Die Forscher hatten 40 männliche Amseln (Turdus merula) beobachtet.
Die Lichtverhältnisse in Städten können nach Ansicht des Teams somit den jahreszeitlichen Rhythmus von Stadttieren deutlich beeinflussen. Denn bei vielen Tierarten bestimmt die Länge des Tages zum Beispiel die Schlafgewohnheiten oder auch die Brutzeit. Bei Vögeln, die in Städten leben, könnten diese Rhythmen durcheinandergeraten, da das Kunstlicht teilweise zu extremen Lichtverhältnissen führe, teilten die Forscher mit.
Um zu messen, welcher Beleuchtung die Vögel nachts im Durchschnitt ausgesetzt sind, rüsteten Wissenschaftler um den Forscher Jesko Partecke mehrere Stadtamseln mit Lichtsensoren aus. „Die Intensitäten waren mit 0,2 Lux sehr gering - nur ein Dreißigstel dessen, was eine typische Straßenlampe ausstrahlt“, sagt Partecke. Doch selbst so geringe Werte reichten aus, um die Keimdrüsen männlicher Amseln früher reifen zu lassen.
Die Wissenschaftler verglichen daher zehn Monate lang gefangene Stadt- und Waldamseln, die sie nachts einer Beleuchtungsstärke von 0,3 Lux aussetzten, mit einer Kontrollgruppe. „Die Resultate waren erstaunlich: Die Hoden der Vögel wuchsen im Durchschnitt fast einen Monat früher, als bei Tieren, die nachts in Dunkelheit schliefen“, erklärt Partecke. Zudem stieg der Testosteronwert in ihrem Blut, sie begannen rund eine Stunde früher zu singen, und mauserten gegen Ende der Brutzeit viel früher als Vögel mit dunklen Nächten. Die Studie ist in den „Proceedings B“ der britischen Royal Society veröffentlicht.
Woher die frühzeitige Fortpflanzungsbereitschaft genau kommt, wissen die Forscher noch nicht. Demnächst wollen sie untersuchen, ob das Stadtlicht den Amseln insgesamt eher nützt oder schadet.