Riesiger Süßwasserpool auf Arktischem Ozean

Texel/Hamburg (dpa) - Ein wachsender Süßwasserpool auf dem Arktischen Ozean könnte einmal das Klima in Europa beeinflussen. Die Wassermenge ist nach Angaben von niederländischen Forschern zweimal so groß wie die des Viktoriasees in Afrika und nimmt noch weiter zu.

Sollte es zu Veränderungen der Atmosphäre in der Region kommen, könnte das Wasser in den Nordatlantik strömen, wie aus einer Mitteilung des EU-Forschungsprogramms CLAMER hervorgeht. Im Atlantik selbst könnte das Süßwasser die Strömung von warmem Wasser aus den Tropen in Richtung Norden beeinflussen und zu kälterem Wetter führen.

Zirkulierende Winde in der Arktis haben demzufolge in den vergangenen zwölf Jahren dazu beigetragen, dass sich der Pool aus relativ süßem Wasser gebildet hat. Laut Laura de Steur vom Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung auf der Insel Texel besteht das Wasser aus geschmolzenem Eis und aus Flusswasser. „Die Wassermenge, die von kanadischen und sibirischen Flüssen in den Arktischen Ozean fließt, ist größer als zuvor, da das Eis im Norden durch wärmere Temperaturen schmilzt“, sagte de Steur. Darüber hinaus schmelze das Eis auf dem Meer schneller.

Erste Zeichen von atmosphärischen Veränderungen in der Region habe es im Jahr 2009 gegeben. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Süßwassermenge auf 7500 Kubikkilometer geschätzt. Sollte dieses Wasser sich in großen Mengen in den Atlantik ausbreiten, so sei schwer abzuschätzen, was passiere, sagte de Steur. Wissenschaftler sind besorgt, dass sich das Wasser auf die atlantischen Strömungsverhältnisse auswirken könnte.

Die Schwere des Wassers hängt von seiner Temperatur und seinem Salzgehalt ab. Warmes und süßes Wasser ist demnach leichter als kaltes und salziges. „Bei derzeitigen Verhältnissen kommt warmes Meereswasser aus den Tropen in den Norden, die Wärme wird in die Atmosphäre abgegeben, und das kalte Wasser sinkt und fließt wieder Richtung Süden“, sagte Detlef Quadfasel vom Zentrum für Marine und Atmosphärische Wissenschaften an der Universität Hamburg. Dieses Phänomen werde Atlantische Umwälzzirkulation genannt.

„Würde nun viel Süßwasser in den Atlantik kommen, würde sich dieses wie ein Deckel auf das Meer legen und nicht absinken.“ Dann fließe es in diesem Szenario auch nicht Richtung Tropen, es komme womöglich kein warmes Wasser nach, und die Luft kühle sich dadurch ab.

Das CLAMER-Projekt (Climate Change & European Marine Ecosystem Research) will der Öffentlichkeit vermitteln, wie sich der Klimawandel auf die Meere auswirkt. Den Angaben zufolge arbeiten 17 Institute in 10 europäischen Ländern daran, 300 von der EU geförderte Projekte sollen ausgewertet und die Ergebnisse zusammengeführt werden. Das Projekt wird vom Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung (NIOZ) auf der Insel Texel koordiniert. Im September sollen detaillierte Ergebnisse auf einer Tagung in Brüssel vorgestellt werden.