Russland: Zeitweise Verwaisung der ISS denkbar
Moskau (dpa) - Auch Russland hält nach dem Absturz seines Raumtransporters nun erstmals eine zeitweilige Verwaisung der Internationalen Raumstation ISS für möglich.
Ein Übergang zu einem unbemannten ISS-Betrieb sei keine Gefahr, sagte der Vizechef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Vitali Dawydow, am Mittwoch. Er reagierte damit auf Angaben der US-Behörde Nasa, wonach die ISS nach elf Jahren erstmals ohne Besatzung bleiben könnte. Grund hierfür ist die Panne mit dem unbemannten russischen Frachter Progress, der in der Vorwoche wegen der Fehlzündung einer Sojus-Trägerrakete abgestürzt war.
„Vielleicht ist in Zukunft kein dauerhafter Aufenthalt von Kosmonauten in Erdnähe mehr nötig“, sagte Dawydow bei einer Videokonferenz. Die Frage werde derzeit auch in Russland diskutiert. Vielleicht sei es notwendig, zu einer früheren Technik für zeitweilige Einsätze im All zurückzukehren.
Zu Sowjetzeiten benutzte Moskau dafür nach Angaben der Staatsagentur Ria Nowosti die Saljut-Stationen, die auch die Möglichkeit eines autonomen Fluges boten. Die ISS hingegen ist als dauerhafter Außenposten der Menschheit im All angelegt. Sie soll aber wegen ihres Alters nach 2020 in einem Ozean versenkt werden.
Dawydow wies Berichte zurück, wonach Russlands Raumfahrt in einer „System-Krise“ stecke. Die Gründe für die jüngsten Misserfolge lägen nicht in der Konstruktion oder Produktionsmängeln. Schuld seien vielmehr organisatorische Probleme. „Es geht praktisch um menschliche Faktoren“, sagte Dawydow. Nach Angaben von Roskosmos droht Russland auch nach der Pannenserie kein Verlust seiner internationalen Spitzenposition bei den Weltraumstarts.
Roskomos bestätigte die beschlossene Flugplanänderung für die bemannten Missionen. Die für den 8. September geplante Heimkehr von dreien der sechs ISS-Besatzungsmitglieder zur Erde wurde demnach auf den 16. September verschoben. Die Besatzung habe bereits mit dem Rückflugtraining begonnen, hieß es in Moskau.