„Weltmaschine“ vor Neustart: Teilchen-Suche geht weiter

Genf (dpa) - Nach der sensationellen Entdeckung des Higgs-Teilchens wollen Physiker am Europäischen Kernforschungszentrum (Cern) jetzt weitere Rätsel über den Aufbau des Universums lösen. Dies soll der komplett erneuerte größte Teilchenbeschleuniger der Welt (LHC) ermöglichen - mit viel mehr Energie als bislang.

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Nach zweijähriger Bauzeit werde die „Weltmaschine“ nahe des Genfer Sees voraussichtlich Ende März gestartet, teilte Cern-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer mit.

„Wir sind alle schon ganz aufgeregt“, sagte Heuer, der sein Amt zum Jahresende an die italienische Physikerin Fabiola Gianotti abgibt. „Die viel höhere Energie, mit der wir den LHC nun starten, öffnet neue Fenster.“ Bis der Beschleuniger voll hochgefahren wird, sind noch eine Reihe von Tests erforderlich.

Dies gilt vor allem an den neuen supraleitenden Magneten, die dafür sorgen, dass die Elementarteilchen auf der Ringbahn des LHC (Large Hadron Collider) gehalten werden. Zudem wird es laut Heuer nach dem Neustart noch zwei Monate dauern, bis im LHC Teilchenkollisionen auf dem höchsten Energieniveau erreicht werden.

Die Cern-Forscher könnten es kaum erwarten, bis neue Daten aus diesen Kollisionen in ihre Computersysteme einlaufen. Ob und wann sich aus deren Auswertung bahnbrechende Erkenntnisse ableiten lassen, „liegt aber in der Hand der Natur“, sagte Heuer.

Der Physiker Dave Charlton, Sprecher des ATLAS-Analyseteams, rechnet mit ersten aussagekräftigen Daten im Sommer. „Weit mehr werden dann zum Ende des Jahres kommen“, sagte Charlton. Er war 2012 ebenso wie die künftige Cern-Direktorin Gianotti an der Entdeckung des Higgs-Teilchens beteiligt.

Es ist jenes Teilchen, das allen anderen Masse verleiht, ohne die sie nur wie Irrlichter durchs All fliegen würden. Für die Vorhersage des Teilchens erhielten die Forscher Peter Higgs und François Englert ein Jahr nach dem Nachweis am Cern den Physik-Nobelpreis.

„Wir wollen jetzt noch viel mehr über das Higgs-Boson erfahren, darunter ob es in unerwarteter Weise zerfällt“, sagte Charlton. Zugleich aber werde nach Grundbausteinen der dunklen Materie gesucht. Die Forscher fragten sich: „Können wir (im LHC) dunkle Materie erschaffen und sie dann unter Laborbedingungen studieren?“

In der 27 Kilometer langen unterirdischen Vakuumröhre des LHC werden Elementarteilchen künftig mit einer Kollisionsenergie von 13 Teraelektronenvolt (TeV) aufeinanderprallen - fast doppelt so viel wie bisher. In den Zerfallsprodukten der Zusammenstöße bei nahezu Lichtgeschwindigkeit suchen Forscher nach bislang unbekannten Teilchen. Dafür werden künftig von Spezialkameras und Hochleistungscomputern pro Sekunde 40 Millionen statt „nur“ 20 Millionen Bilder von Kollisionen erfasst.