World of Warcraft: Der Zorn der Untoten

Millionen Spieler leben in der Welt von „World of Warcraft“. Für eine Erweiterung des Spiels nehmen sie auch mitternächtliche Wartezeiten in Kauf.

Krefeld. Friedlicher Massenansturm auf ein Computerspiel: Schon Stunden vor Mitternacht warten die ersten vor der Eingangstür des Mediamarktes in Krefeld. Kurz vor der Geisterstunde sind es etwa 400 bis 500 überwiegend junge Männer, die auf das Öffnen der Türen warten.

Sie alle spielen das Internet-Rollenspiel "World of Warcraft" (= Welt der Kriegskunst, WoW) - und wollen zu den ersten gehören, die das von der Spielergemeinde seit einem Jahr sehnsüchtig erwartete Erweiterungsprogramm "Wrath of the Lich King" (= Zorn des Königs der Untoten) besitzen.

Schüler Kai (19) aus Xanten wartet bereits seit 20.30 Uhr. Er verbringt regelmäßig "etliche Stunden" in der Computer-Welt von "WoW". Dort ist er nicht Kai, sondern der Blutelf-Jäger Dark Wolf, der längst die höchstmögliche Spielstufe 70 erreicht hat.

Mit dem neuen Add-On kann er Dark Wolf irgendwann auf die Stufe 80 "hochleveln" - indem er Quests (= Aufgaben) erledigt und gemeinsam mit anderen Spielern gegen mächtige Computer-Gegner antritt. "Es geht in dem Spiel immer irgendwie weiter", sagt Kai. "Da ist halt ein hoher Suchtfaktor."

Ein Konzept, das für den Spielehersteller aufgeht. Um dabei sein zu können, muss man das Internet-Spiel für elf bis 13,50 Euro im Monat abonnieren. Elf Millionen Menschen weltweit haben das schon getan - und es werden ständig mehr.

Damit ist "World of Warcraft" das größte Online-Rollenspiel und seit drei Jahren das meistverkaufte PC-Spiel weltweit. Sein Erfinder, die US-Firma Blizzard Entertainment, erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,2Milliarden US-Dollar.

Und die Fans des Spiels zahlen gerne. Für ihr Geld haben sie nicht nur den Spaß am Spiel, sondern auch intensiven Kontakt zu ihren Freunden in der "Gilde".

Denn ständiges Kommunizieren miteinander über den zum Spiel gehörenden Chat-Kanal oder sogar mittels Headset (= Kopfhörer mit Mikrofon) und dem zusätzlichen Programm Teamspeak (= eine Art Internet-Telefon für mehrere Teilnehmer gleichzeitig) gehört für viele "WoW"-Spieler einfach dazu.

Für manche bestimmt es sogar weite Teile des Familienlebens - wie bei Antje (36), selbstständige Kauffrau, Michael (42), Techniker, und Sohn Geronimo (12) aus Duisburg.

Alle drei ziehen als Level-70-Hexenmeister durch die Fantasy-Welt, nennen sich "Missis Pain", "Zombiaki" und "Hirnfresser" - und sind stolz darauf, der Gilde "Seelenverbrenner" anzugehören. Das neue Add-On wollen sie sofort nach der Heimkehr ausprobieren.

Auch Sohn Geronimo würde das liebend gerne. Aber der darf nicht - schließlich muss er bereits in wenigen Stunden in der Schule sein. "Aber sobald ich dann wieder zuhause bin, spiele ich’s natürlich."

Als sich um kurz nach 1.30 Uhr die letzten Nacht-Käufer aus dem Krefelder Mediamarkt verabschieden, kann Geschäftsführer Norbert Pfaar zufrieden Bilanz ziehen: Bis auf eine Handvoll sind alle der für den Mitternachtsverkauf vorgesehenen 1.500 Spiele verkauft. Aber der Nachschub ist schon unterwegs, denn am Morgen warten die nächsten Käufer.