Zu Besuch beim Wendler: Das kleine Universum eines Schlagersängers
Der Schlagersänger bemüht sich mit seiner neuen CD um leise Töne. Doch Bescheidenheit findet auf seinem 15-Hektar-Gestüt kaum Platz. Ein Besuch.
Dinslaken. Ein weißes Schlösschen in der Pampa. In großen Lettern prangt der Name des Besitzers am Tor: WENDLER. Hier, am Rande des Ruhrgebiet-Städtchens Dinslaken, residiert der selbsternannte „König des Pop-Schlagers“, Michael Wendler. Alles wirkt pompös, die fast lebensgroßen bronzenen Pferde am Eingang protzig. Vergeblich bemüht sich der 38-Jährige an diesem Nachmittag um Understatement.
Mehr als 700 000 CDs hat er verkauft, darauf Lieder über Herzschmerz, unterlegt mit Discobeat. Zur Vorstellung des zehnten Studio-Albums waren Presse und Fans nun auf sein neues Anwesen geladen, das mit seinen geschwungenen Balkon-Gittern wirkt, als habe der Sänger zu oft „Denver-Clan“ geschaut.
350 handverlesene Fans sollen auf dem Gestüt, wo der Sänger seit kurzem Andalusier-Pferde züchtet, ein „Donnerwetter“ erleben — so der Titel seiner neuen CD. Die ersten, zumeist Frauen zwischen 35 und 55 Jahren, rennen aufgeregt zu den besten Plätzen. Ihr Idol will an diesem Tag für sie singen, Würstchen grillen und beim Bad in der Menge mit ihnen „knubbeln und knutschen“.
Die Fans sind sein Kapital. Sie haben den gelernten Speditionskaufmann nach oben gebracht, als er vor Jahren als verschuldeter Nobody durch die Diskotheken am Niederrhein tingelte. Er fuhr von Kirmes zu Partyzelt und karrte seine Fangemeinde in Bussen hinterher, damit die Tanzflächen voll wurden.
Die Single „Sie liebt den DJ“ setzte vor vier Jahren einen Schlusspunkt unter die mageren Zeiten. Heutzutage gipfelt der Wendler-Hype in Ballermann-Feten, jährlich tritt er in der ausverkauften Oberhausen-Arena auf. Das hat viel Geld in die Kassen gespült — erkennbar an den Insignien des Neureichtums: prunkvolles Wohnhaus für die Familie nebst weißen Stallungen für die Edel-Pferde.
Stets gab sich der Sänger großmäulig. „Ich bin die geilste Sau der Welt“, kam aus seinem Munde. Da die Welt, zumindest die des Popschlagers, das aber nun hinlänglich weiß, schlägt Wendler jetzt leisere Töne an. „Ich werde verkannt. Die medialen Partner stellen mich nie richtig dar.“ Zu selten wurde er als das gefeiert, was er so gerne sein möchte: ein netter Kerl. Ein erster Schritt in die neue Richtung: Er will nicht mehr „der Wendler“ sein — sondern wieder „Michael Wendler“.