A4 Zwölf Jahre Haft für Geisterfahrer wegen Mordes

Ein Geisterfahrer tötet bei seinem Suizidversuch auf der Autobahn 4 zwei Menschen. Er wird in Aachen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die Angehörigen suchen in dem Mordprozess vergeblich nach Antworten.

Bild von der Unfallstelle.

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Aachen. Am Ende gibt es viel Leid: Das Leid der Angehörigen des Paares, das durch den Geisterfahrer auf der Autobahn starb. Die seelischen Folgen für die sechs in den Unfall verwickelten Autofahrer. Aber auch das Leid des Angeklagten, der überlebte und die Schuld tragen muss. „Er empfand sein Leben als Hölle und ist jetzt in einer viel schlimmeren Hölle“, sagte sein Anwalt Rüdiger Henning am Dienstag vor dem Urteil im Aachener Landgericht. Die Richter verurteilten den 48 Jahre alten Falschfahrer, der an einem Freitag im Januar in Selbstmordabsicht auf die A4 bei Köln fuhr und zwei Menschen tötete, zu zwölf Jahren Haft. Sie sprachen ihn unter anderem des Mordes in zwei Fällen und des versuchten Mordes in sechs Fällen schuldig. Strafmildernd wirke sich die eingeschränkte Schuldfähigkeit durch die Depression des Angeklagten aus, sagte der Vorsitzende Richter Roland Klösgen am Dienstag. Die Verteidigung sah kein Mordmerkmal und hatte auf Freispruch plädiert.

Nach Worten der Richter hatte der Niederländer die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer ausgenutzt und war für Verkehrsteilnehmer zur unkalkulierbaren Gefahr geworden. Wie bei dem getöteten Paar aus Königswinter, das vor einer Auslandsreise noch mal kurz nach dem Haus schauen wollte, wie Klösgen schilderte. Die beiden waren auf der A4 Richtung Niederlande unterwegs, als der Angeklagte seine verhängnisvolle Entscheidung traf.Seine depressive Erkrankung hatte sich laut Urteil Ende 2016 zu einer schweren Episode zugespitzt. Der Elektrotechniker habe erkannt, dass ihm der Beruf über den Kopf wachse. Nach einem Streit mit der Ehefrau am Morgen der Tat fuhr er ziellos umher und fuhr dann Richtung Autobahn, wie Klösgen feststellte: „Er will durch einen gezielten Zusammenstoß mit einem Lkw seinem Leben ein Ende setzen.“

Der Verurteilte steuerte demnach bei normalem Berufsverkehr in Düren-Merzenich auf die Autobahn, fuhr rund drei Kilometer auf der Standspur, beschleunigte auf mindestens 120 Stundenkilometer und zog vor einem entgegenkommenden Lastwagen auf die Fahrspur. Laut Gericht versuchte der Lkw-Fahrer Richtung Mittelstreifen auszuweichen, auch der Geisterfahrer korrigierte, touchierte letztlich den Lastwagen, prallte gegen einen nachkommenden Lkw und wurde von dort gegen mehrere Fahrzeuge geschleudert - auch gegen das Auto des Paares, das starb. Der Falschfahrer überlebte, lag monatelang im Koma.

Das Urteil nahm der alt wirkende Mann am Dienstag scheinbar ungerührt entgegen. Die beiden Kinder der gestorbenen Frau hatten sich als Nebenkläger in dem Prozess Antworten auf das Unfassbare erhofft, sagten die Verteidiger. Starke Zweifel schwangen mit, dass sich der Angeklagte nach eigenen Angaben nicht mehr an die Zeit vor der Tat und an die Todesfahrt erinnern konnte. Sohn und Tochter gehe es nicht um eine hohe Strafe, machten ihre Anwälte der Nebenkläger deutlich. Sie hätten Erklärungen gesucht - die sie aus ihrer Sicht nicht bekamen.