Ärzte zweifeln am Sinn von Krebsvorsorge
Frank Ulrich Montgomery fordert Überprüfungen: Manche Untersuchung schade mehr als sie nutze.
Düsseldorf. Krebs früh zu erkennen, kann Leben retten. Aber wie viele und zu welchem Preis? Früherkennungsuntersuchungen von Brustkrebs-Screening bis zum PSA-Test können nutzen — aber auch schaden. Deshalb fordert das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) einen Nutzennachweis für diese Angebote. „Gerade für Früherkennung braucht man eine gute Qualität“, sagt Klaus Koch vom Patientenportal „Gesundheitsinformation“ des IQWiG. Früherkennung sei eine Lotterie: „Niemand weiß vorher, ob er einen Nutzen haben wird oder seiner Gesundheit sogar schadet. Es gibt Gewinnlose, aber auch Nieten und viele Straflose.“
Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) bestätigt das: „Beim Screening auf Brustkrebs, Darmkrebs oder Prostatakrebs sind Überdiagnosen sehr viel häufiger als verhinderte Krebstodesfälle“, sagt Corinna Schaefer vom ÄZQ. Grundsätzlich ist der Nutzen selten, der Schaden aber relativ häufig: Um einen Menschen vor dem Tod durch einen bestimmten Krebs zu bewahren, muss man in der Regel 1000 untersuchen. „Alle Untersuchten sind Risiken ausgesetzt“, sagt Schaefer, etwa falsch-positiven Ergebnissen oder Überdiagnosen. Damit werden Gesunde zu Krebspatienten, obwohl der entdeckte Tumor nie Probleme gemacht hätte. Nur gefährliche Tumore zu finden, ist bislang nicht möglich.
In der Forschung wird die Nutzen- und Schaden-Bilanz der Krebsfrüherkennung seit Jahren diskutiert. Erst jetzt plädierte aber der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, für eine Überprüfung einiger Untersuchungen. Wie das geschehen soll, ist offen. Ein Methodenbewertungsverfahren muss im obersten Beschlussgremium, dem Gemeinsamen Bundesausschuss, beantragt werden.