Alles auf einen Schlag: Am 1. Juli werden die Bürger entlastet
Das Konjunkturpaket II soll zur Mitte des Jahres wirksam werden – wenn es der Wirtschaft wohl am schlechtesten geht.
Berlin. Die Andeutung der Kanzlerin ließ aufhorchen: "Der 1. Juli könnte ein interessantes Datum werden", sagte Angela Merkel nach der Klausurtagung der CDU-Spitze in Erfurt und gab damit einen möglichen Zeitplan für die Entlastung von Bürgern und Firmen zu erkennen.
Die mit dem Konjunkturpaket II in Aussicht gestellten Steuer- und Abgabensenkungen könnten erst von Mitte 2009 an greifen.
Die überraschende Ansage ergab in mehrfacher Hinsicht Sinn. So würden Arbeitnehmer, Rentner, Hartz-Empfänger und Betriebe mit einem Schlag zur Jahresmitte etwas stärker entlastet.
Nicht nur weniger Steuern und Beiträge zu Krankenkassen wären dann fällig - zum 1. Juli können auch die 20 Millionen Rentner sowie 7 Millionen Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe mit einem Aufschlag rechnen.
Die Entlastung ab Juli würde zu einem Zeitpunkt kommen, zu dem die Krise wohl ihren Höhepunkt erreicht und die Verbraucher die Rezession voll zu spüren bekommen.
Das "Juli-Geschenk" gut drei Monate vor der Bundestagswahl würde Bürger und Unternehmer sicher milder stimmen. Nebenbei hätte die Koalition in diesem Jahr ein paar Milliarden mehr für andere Instrumente gegen den Abschwung.
Was der Einzelne am Ende davon hat, wird sich nach dem Treffen der Spitzen von Union und SPD am Montagabend im Kanzleramt und nach den endgültigen Koalitionsbeschlüssen zeigen. Jenseits der üblichen taktischen Manöver vor solchen Koalitionsrunden ist der Rahmen vorgegeben: 2009 und 2010 sollen insgesamt rund 50 Milliarden Euro gegen die Krise zusätzlich in die Hand genommen werden.
Zwar haben sich CDU und SPD auf die von CSU-Chef Horst Seehofer lautstark geforderten Steuersenkungen eingelassen. Die Entlastung könnte - nach bisheriger Debatte - aber eher gering ausfallen: Die Anhebung des Grundfreibetrags von 7.664 auf 8.004 Euro würde einen Ledigen um gerade einmal 51 Euro im Jahr entlasten.
Würde noch der Eingangssteuersatz von 15 auf 12 Prozent gesenkt - wie Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) vorschlägt - hätten Ledige im Jahr 137 Euro mehr in der Tasche, Ehepaare 274 Euro. Das würde den Staat etwa 4,7 Milliarden Euro kosten, aber kaum einen Konsumrausch auslösen.
Das Problem, wonach vor allem bei unteren Einkommen der Steuersatz stark steigt und einen Großteil jeder Lohnerhöhung auffrisst, würde so auch nicht gemildert ("kalte Progression").
Der Union schwebt ein flacherer Anstieg der Steuersätze sowie eine moderate Verschiebung der Tarifkurve vor. Auf dem Tisch liegt ein Modell, das laut Union ein durchschnittliches Arbeitnehmereinkommen um 8 bis 10 Euro im Monat entlastet. Den Staat würde das bis zu 7,5 Milliarden Euro kosten. Eine Begradigung der Tarifkurve würde mit beträchtlichen Mindereinnahmen von jährlich 25 Milliarden Euro zu Buche schlagen.
In der SPD, die Abgabensenkungen zur Ankurbelung der Konjunktur für sinnvoller hält, wird gern darauf verwiesen, dass die letzten massiven Steuersenkungen unter der rot-grünen Bundesregierung seit dem Jahr 2000 von jährlich fast 32 Milliarden Euro die anschließende Rezession auch nicht verhindert hätten. Fest steht, dass die Beiträge zu den gesetzlichen Krankenkassen gesenkt werden.
Ein echter Impuls für die Binnenkonjunktur sind sichere Jobs: Die gibt es bei Aufträgen an Unternehmen und zusätzlichen Milliardeninvestitionen des Staates.