„Münsteraner Kreis“ Alternativmedizin oder Humbug? - Attacke auf die Homöopathie

Homöopathie-Angebote durch Ärzte würden Patienten in die Irre leiten, so kritisieren es Wissenschaftler. Die Anbieter von homöopathischer Behandlung wehren sich.

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Münster. Es ist ein schweres Geschütz, das der „Münsteraner Kreis“ gegen die von Ärzten angebotene homöopathische Behandlung auffährt: Die Homöopathie sei eine unwissenschaftliche Heilslehre. Sie führe die Wirkung ihrer „Arzneien“ auch auf den heilsamen Einfluss immaterieller, geistartiger Wirkkräfte zurück. Die Autoren des Memorandums drücken es drastisch aus: „Genauso gut könnte man eine Zusatzbezeichnung ,Gesundbeten’ an Ärzte vergeben, die in Fortbildungen gelernt haben, welche Gebete zu welchen Heiligen bei welchen Krankheiten zur Anwendung kommen sollen.“ Daher, so die Forderung, sollten die Ärztekammern nicht mehr die Zusatzbezeichnung Homöopathie an Ärzte vergeben können, wenn diese die Teilnahme an bestimmten Fortbildungen nachweisen.

Der Ärztetag im Mai in Erfurt sei eine gute Gelegenheit, „dem eigenen Anspruch an Wissenschaftlichkeit gerecht zu werden und mit der Adelung der esoterischen Heilslehre Homöopathie Schluss zu machen“, betonen die Autoren des Memorandums.

Der „Münsteraner Kreis“ besteht seit Juni 2016 und geht zurück auf eine Initiative von Professorin Bettina Schöne-Seifert, Medizinethikerin an der Universität Münster. Die interdisziplinäre Gruppe setzt sich kritisch mit der komplementären und alternativen Medizin auseinander. Im vergangenen Jahr hatte sie bereits die Abschaffung oder jedenfalls die grundsätzliche, wissenschaftlich ausgerichtete Neugestaltung des Heilpraktikerberufs gefordert.

Nun also wenden sich die streitlustigen Wissenschaftler der in weiten Bevölkerungskreisen beliebten Homöopathie zu. Dabei kritisieren sie, dass die von der Ärztekammer verliehene Zusatzbezeichnung Homöopathie dieser Lehre den Anstrich wissenschaftlicher Seriosität gebe. Patienten könnten das als Beleg für die Wirksamkeit der Homöopathie missverstehen. Die Grenzen zwischen wissenschaftlich fundierter Medizin und Esoterik würden somit verwischt.

Es sei ethisch nicht vertretbar, dass Ärzte Verfahren empfehlen und einsetzen dürfen, die in der Wissenschaftlergemeinschaft als „erwiesenermaßen unwirksam“ gelten. Auch ihre Verabreichung als verdeckte Placebos sei abzulehnen, weil sie das Recht der Patienten auf ehrliche Aufklärung verletze und zugleich eine „Parallelmedizin“ adele und unterhalte. Im Fazit des Memorandums heißt es: „Einer esoterischen Heilslehre mit einer Zusatzbezeichnung einen scheinbar seriösen Anstrich zu geben, widerspricht dem Anspruch der Ärzteschaft auf eine wissenschaftliche fundierte Versorgung und schwächt durch eine Verwischung der Grenzen zwischen Wissenschaft und Glauben das Ansehen der wissenschaftlich begründeten Medizin.“

Bundesärztekammer und auch die Ärztekammer Nordrhein wollten oder konnten auf Anfrage dieser Zeitung gestern zu dem Vorstoß des „Münsteraner Kreises“ keine Stellung beziehen.

Wohl aber der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ). Dessen Vorsitzende Cornelia Bajic sagt: „Die von den Ärztekammern verliehene Zusatzbezeichnung Homöopathie hat sich seit Jahrzehnten in der deutschen Ärzteschaft bewährt. Immer mehr Ärzte führen sie, aktuell sind es rund 7000 Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen.“ Mit Blick auf die Qualitätssicherung und die Patientensicherheit sei die Zusatzbezeichnung Homöopathie ein Garant für eine gute und sichere Versorgung der Patienten. Die mit der Bundesärztekammer abgestimmten Lehrinhalte gewährleisteten eine kompetente Behandlung der Patienten.

Die ärztliche Homöopathie, so Bajic, sei „wirksam und evidenzbasiert“. Das sei durch zahlreiche Studien belegt. In ärztlicher Hand sei sie ein wichtiger Bestandteil einer Integrativen Medizin, „die das Beste aus der konventionellen Medizin und der ärztlichen Homöopathie zum Wohle des Patienten verbindet“.

Einer der Erfolgsfaktoren für die Homöopathie mag auch sein, dass viele Patienten mit der wissenschaftlichen Medizin, vollen Praxen und zeitlich überlasteten Ärzten unzufrieden sind. Ist es ihnen da zu verübeln, dass sie die Homöopathie als zugewandter erleben, da sich die Behandler häufig mehr Zeit nehmen und mehr auf den Patienten eingehen? Auch der „Münsteraner Kreis“ kennt dieses Argument, sagt aber: „Die Probleme der wissenschaftlichen Medizin dürfen nicht über die Zusatzbezeichnung ,Homöopathie’ von einer unwissenschaftlichen Parallelwelt scheinbar repariert werden.“ Sie müssten vielmehr innerhalb der wissenschaftlichen Medizin gelöst werden.

Das zehnseitige Memorandum des „Münsteraner Kreises“finden Sie unter muensteraner-kreis.de.