Amerikaner rebellieren gegen das „teure“ Benzin
Demonstration: 60 Cent pro Liter sind den US-Bürgern zu viel.
Washington. Vergangene Woche erreichten die Spritpreise in Amerika den höchsten Stand aller Zeiten, nun drohen Verbraucher mit offener Rebellion. Umweltorganisationen und Verbraucherverbände gründeten eine Interessengemeinschaft, die den 15. Mai zum "benzinfreien Tag" ausrief. Leiden sollen die Ölmultis, denen innerhalb von 24 Stunden ein Umsatzverlust von 2,9 Milliarden Dollar drohen soll.
Am Wochenende kostete die Gallone Normalbenzin amerikaweit rund 3,07 Dollar. Umgerechnet entspricht dies 60 Eurocents pro Liter. Verbraucher sind nun mit der Geduld am Ende. Paul Harris aus Rockville, Maryland, verkaufte jetzt seinen Ford Expedition, einen Sportgeländewagen mit drei Sitzreihen, der zwar die sechsköpfige Familie samt Urlaubsgepäck bequem unterbringen kann, dafür aber auf 100 Kilometer mehr als 20 Liter Benzin verschlingt.
"Bei solchen Spritpreisen, die eine bodenlose Unverschämtheit sind, überlegt man sich jeden Wochenendausflug und jede längere Fahrt besonders sorgfältig" erklärt er. Vor seiner Garage stehen mit einem Toyota Highlander und einem Toyota Prius zwei der beliebtesten Hybridmodelle des amerikanischen Markts.
Auch in der Wirtschaft schlägt die Kombination aus hohen Preisen und neuem Umweltbewusstsein zu Buche. So hat der japanische Hersteller Toyota erstmals dem US-Konzern General Motors den Rang als Primus des amerikanischen Automarkts abgelaufen. Hauptgrund: Die wachsende Beliebtheit der Hybridautos, die zum Teil nur rund vier Liter auf 100 Kilometer schlucken.
Die Industrie behauptet, dass die sich beschleunigende Preisspirale einen legitimen Grund habe: Versorgungsengpässe als Folge von Produktionsausfällen. So kam es in den USA während der letzten Wochen bei einem Dutzend Raffinerien zu teilweisen oder vollständigen Betriebsstilllegungen. Begründet werden die Ausfälle in der Regel mit "ungeplanten Wartungsarbeiten". Verbraucherorganisationen bleiben misstrauisch und vermuten einen Vorwand, um künstlich die Preise hochschrauben zu können.
Wie aus Online-Umfragen hervorgeht, haben 70 Prozent der US-Bürger ihre Fahrgewohnheiten geändert und bevorzugen neuerdings öffentliche Verkehrsmittel, bilden Fahrgemeinschaften oder verzichten gänzlich auf überflüssige Autofahrten.