Ägypten: Proteste vor zweiter Runde der Volksabstimmung
Kairo (dpa) - Keine Atempause in Ägypten: Die Islamisten haben eine Massenkundgebung für diesen Freitag in Alexandria angekündigt - einen Tag vor der zweiten Runde des Verfassungsreferendums.
Die liberale Opposition will zur gleichen Zeit auf die Straße gehen, allerdings in Kairo. Ihre Kundgebung hat den Titel: „Nein zur Fälschung der Ergebnisse des Referendums“.
Das Nachrichtenportal Egynews berichtete in der Nacht zum Donnerstag, die Muslimbrüder und die Salafisten wollten sich nach dem Freitagsgebet vor der Al-Kaid-Ibrahim-Moschee in Alexandria unter dem Motto „Verteidigung der Islamgelehrten und der Moscheen“ versammeln. Hintergrund ihrer Aktion ist die Belagerung einer Moschee durch Gegnern der regierenden Islamisten eine Woche zuvor.
Die Demonstranten hatten die Ausgänge der Moschee blockiert, nachdem Scheich Ahmed al-Mahlawi in seiner Predigt für den Verfassungsentwurf der Islamisten geworben hatte. Obwohl es in Ägypten verboten ist, Gotteshäuser für den Wahlkampf zu nutzen, hatte Al-Mahlawi einen Tag vor der ersten Runde der Volksabstimmung erklärt, der Entwurf sei „die beste Verfassung, die Ägypten je hatte“.
In der ersten Runde hatten die Wähler in zehn Provinzen abgestimmt. Am Samstag findet das Referendum in den restlichen 17 Provinzen statt. Nach inoffiziellen Ergebnissen stimmten bisher rund 56 Prozent für die Verfassung. Die Opposition zieht dies in Zweifel und spricht von Wahlfälschung.
Für Aufregung sorgten am Donnerstag zudem Medienberichte, wonach der von Präsident Mohammed Mursi eingesetzte Generalstaatsanwalt, Talaat Abdullah, doch nicht zurücktreten will. Ein Großteil der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft hatte Abdullah die Gefolgschaft verweigert, weil er in ihren Augen Teil einer geplanten Machtübernahme der Islamisten im Justizapparat ist. Daraufhin hatte er nach weniger als einem Montag im Amt seinen Rücktritt erklärt.
Die revolutionäre Jugendbewegung 6. April teilte mit, ihre Mitglieder seien in den vergangenen Tagen mehrfach von Muslimbrüdern und Anhängern der Salafisten-Bewegung angegriffen worden, als sie die Wähler über die negativen Aspekte der neuen Verfassung aufklären wollten. Vor allem in Minia, Beni Sueif und Marsa Matruh seien die politischen Gegnern gewalttätig geworden. Die Bewegung kritisiert unter anderem, dass die neue Verfassung mittellosen Bürgern keine kostenlose medizinische Behandlung garantiert.