Ägyptisches Gericht verbietet Muslimbruderschaft
Kairo (dpa) - Zwölf Wochen nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi ist die Muslimbruderschaft in Ägypten für illegal erklärt worden. In einem Eilverfahren erließ ein Gericht in Kairo ein Verbot, das für alle Ableger der Organisation gilt.
Das Vermögen und die Immobilien der seit 85 Jahren bestehenden Islamistenbewegung sollen von der Regierung konfisziert werden. Damit steht die Bruderschaft, die in Kairo noch vor drei Monaten den Präsidenten und die Mehrheit der Minister gestellt hatte, heute noch schlechter da als unter dem 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak.
Während der Urteilsverkündung sei kein Vertreter der Muslimbruderschaft im Gerichtssaal anwesend gewesen, berichtete ein dpa-Mitarbeiter. Die Organisation sei aber durch einen Anwalt vertreten worden. Ein Mitglied der Muslimbruderschaft sagte dem Nachrichtenportal „Ahram Online“, seine Organisation wolle Einspruch gegen das Urteil einlegen.
Der Prozess geht auf eine Klage der linken Tagammu-Partei zurück. Diese hatte argumentiert, die Muslimbrüder gefährdeten die nationale Sicherheit. Der ehemalige Tagammu-Vorsitzende Refaat al-Said sagte der Zeitung „Al-Shorouk“, das Urteil sei ein „Sieg für die zivilen Kräfte“. Er kritisierte gleichzeitig frühere politische Weggefährten, die nach den Parlamentswahlen 2012 versucht hatten, sich mit den Islamisten zu arrangieren.
Anhänger der Muslimbruderschaft erklärten im Kurznachrichtendienst Twitter, das Verbot sei eine „politische Entscheidung, die keinen Erfolg haben wird“. Die Polizei hatte das Gerichtsgebäude in der Kairoer Innenstadt am Morgen hermetisch abgeriegelt. Viele Schaulustige, die sich vor dem Gericht versammelt hatten, jubelten nach der Urteilsverkündung.
Unter Mubarak war die Muslimbruderschaft zwar verboten gewesen. Sie hatte jedoch in mehreren Städten Büros gehabt. Ihre Mitglieder hatten als „Unabhängige“ an Parlamentswahlen teilnehmen können. Nach den Parlaments- und Präsidentenwahlen 2011 und 2012 war die Bruderschaft zur stärksten politischen Kraft aufgestiegen.
Mit dem Muslimbruder Mohammed Mursi trat im Juni 2012 erstmals ein Zivilist an die Spitze des ägyptischen Staates. Die Armee setzte ihn am 3. Juli nach Massenprotesten ab. Seither demonstrieren die Islamisten fast täglich gegen seine Entmachtung.
Den Rat mehrerer westlicher Regierungen, die Muslimbrüder nicht zu dämonisieren, hatte die ägyptische Übergangsregierung als Einmischung zurückgewiesen. Inzwischen sitzt fast die komplette Führungsriege der Bruderschaft in Haft. Ihr wird vorgeworfen, sie hätten ihre Anhänger zur Gewalt aufgerufen.