Analyse: Iran lässt sich auf seinem Atomkurs nicht aufhalten
Die Spannungen im internationalen Atomstreit mit dem Iran nehmen zu.
Wien/Teheran. Erfundene Anschuldigungen ohne Grundlage: Mit diesem Einwand will der Iran die große Sorge vieler Länder vom Tisch wischen, das Land arbeite an einem geheimen Atomwaffenprogramm. Die Zahlen und Fakten, die Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im neuen Iran-Bericht nennen, sprechen eine andere Sprache. Das Land treibt seine Urananreicherung massiv voran, berichtet IAEA-Chef Yukiya Amano.
Die IAEA macht in dem Report Angaben über die technische Ausstattung der Urananreicherungsanlagen in Fordo und Natans. Damit lässt sich ausrechnen, dass das Land mindestens 100 Kilogramm Uran auf bis zu 20 Prozent angereichert hat. Das ist zwar weniger als die Hälfte dessen, was für die Herstellung eines atomaren Sprengkopfes nötig ist. Doch schon das nur bis zu fünf Prozent angereicherte Uran würde bei weiterer Verarbeitung ausreichen, vier Atomsprengköpfe zu bestücken.
Analysen, die Irans stete Behauptung, sein Nuklearprogramm sei ausschließlich friedlich ausgerichtet, nach Ansicht von Diplomaten sehr in Frage stellen. Amano geht in seinem Bericht auch auf die jüngsten erfolglosen Teheran-Reisen seines Expertenteams ein. Die Besuche hätten dem Land die Möglichkeit eröffnet, mit Zugeständnissen an die IAEA das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft für weitere diplomatische Schritte zu gewinnen.
Doch die Vertreter Teherans ließen das IAEA-Team nach einer ersten aussichtsreichen Diskussion im Januar bei der zweiten Reise kalt abblitzen. Stattdessen präsentierten sie eine Erklärung, die Sorge der Behörde basiere auf „unbegründeten Beschuldigungen“, wie es im Bericht heißt.
Erneut setzt das Land sein doppeltes Spiel fort: Teheran signalisiert Interesse an einer neuen Runde der Atomgespräche, während der geistliche Führer des islamischen Staates, Ajatollah Ali Chamenei, verbal die Muskeln spielen lässt. Das Atomprogramm des Irans sei unaufhaltsam, verkündete er: „Nichts, und keine Hürde, kann die Atomarbeit des Irans aufhalten — und sie sollte entschieden und ernsthaft vorangetrieben werden.“
Mit dieser Unberechenbarkeit verschärft der Iran selbst den schwelenden Konflikt und befeuert die Sorge der internationalen Gemeinschaft. Weder unverhohlene militärische Drohungen noch Sanktionen können bisher das Land zu einem Einlenken bewegen.