Araber verlieren Geduld mit Assad
Istanbul/Damaskus (dpa) - In den internationalen Streit um eine Beendigung des blutigen Konflikts in Syrien kommt Bewegung. Die Araber verloren am Samstag endgültig die Geduld mit dem Regime von Präsident Baschar al-Assad.
Sie erklärten, sie wollten das Syrien-Dossier jetzt den Vereinten Nationen übergeben. In Tunesien debattierte der oppositionelle Syrische Nationalrat über eine Strategie zum Schutz der Zivilisten. Dazu gehört auch die Forderung nach einer Flugverbotszone. Am Samstag wurden nach Angaben von syrischen Aktivisten 34 Zivilisten von den Regime-Truppen getötet.
Der Außenminister von Katar, Hamad bin Dschasim al-Thani, sagte nach einem Treffen des Syrien-Komitees der Arabischen Liga in Doha, die Liga wolle nun vorschlagen, dass der Weltsicherheitsrat die Verantwortung für die Umsetzung ihres Plans für ein Ende der Gewalt in Syrien übernimmt. Dazu gehören ein Dialog des Regimes mit der Opposition außerhalb Syriens sowie die Entsendung von Beobachtern, die den Abzug der Armee aus den Städten überwachen sollen. Formell muss noch die Außenministerkonferenz der Liga am kommenden Mittwoch in Kairo entscheiden.
Katars Außenminister, der das Syrien-Komitee leitet, erklärte, Damaskus habe eine Einigung bewusst verschleppt, indem es immer wieder neue Bedingungen für die geforderte Entsendung der Beobachter genannt habe. Der Minister betonte, der Beschluss des Komitees sei keine Forderung nach einer Militärintervention.
Dem UN-Sicherheitsrat liegt schon ein Resolutionsentwurf von Russland und China vor. Dieser wird jedoch von mehreren westlichen Staaten abgelehnt, weil er dem Regime und seinen Gegnern mehr oder weniger zu gleichen Teilen die Verantwortung für die Gewalt gibt.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton warnte vor einer weiteren Eskalation in Syrien. „Das Risiko eines ausgedehnten bewaffneten Konflikts nimmt zu. Die brutale Unterdrückung von Zivilisten muss gestoppt werden“, sagte sie der Zeitung „Die Welt“ (Samstag). Die EU-Chefdiplomatin forderte die Regierung auf, medizinische Hilfe für die Opfer der gewaltsamen Auseinandersetzungen zuzulassen.
Bei den Beratungen des syrischen Nationalrats in Tunis geht es nach Angaben aus Oppositionskreisen auch um die Frage, welche Rolle die Deserteure spielen sollen, die sich auf die Seite der Protestbewegung geschlagen haben. Beobachter schätzen ihre Zahl inzwischen auf rund 15 000. Verlässliche Informationen aus Syrien sind schwer zu bekommen, weil das Regime bislang keine unabhängige Berichterstattung aus dem Land zuließ.
Nach Angaben von Aktivisten kamen am Samstag landesweit 34 Menschen ums Leben. Heftige Gefechte zwischen Deserteuren wurden aus der Ortschaft Dschabal al-Sawija in der Provinz Idlib gemeldet. Dabei habe die Armee auch Panzer eingesetzt, hieß es. Aktivisten hatten in den vergangenen Tagen berichtet, in dem Gebiet hätten sich zahlreiche Soldaten von der Truppe entfernt und eine Brigade der „Freien Syrischen Armee“ gegründet.
Frankreich bezeichnete den von Russland überraschend vorgelegten Entwurf einer UN-Resolution zum Syrien-Konflikt als inakzeptabel. „Den Russen war bewusst, dass ihre blinde Verteidigung des Assad-Regimes nicht länger dauern kann. Sie haben sich bewegt, doch ist ihr Text unannehmbar“, sagte der französische UN-Botschafter Gérard Araud der Tageszeitung „Le Parisien“ (Samstag). Der Diplomat hofft, noch vor Weihnachten zu einer annehmbaren Lösung zu kommen. Das hänge von der Bereitschaft Moskaus ab, Verbesserungsvorschläge anzunehmen.
Eine Verurteilung der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste in Syrien durch den UN-Sicherheitsrat ist bisher am Veto Russlands und Chinas gescheitert. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden seit Beginn der Unruhen im März mehr als 5000 Zivilisten getötet.