Japan sagt: Fukushima ist unter Kontrolle
Kritiker wollen nicht glauben, dass neun Monate nach der Atomkatastrophe alles sicher geworden ist.
Tokio. Auf diese gute Nachricht hat die ganze Welt monatelang gewartet: Das havarierte Atomkraftwerk Fukushima Daiichi ist endlich unter Kontrolle. Das behauptet zumindest die japanische Regierung. Die Reaktoren hätten, so wie schon vor Monaten angekündigt, genau zum Jahresende den Zustand eines sogenannten „cold shutdown“ erreicht, also einer Kaltabschaltung.
Also keine Gefahr mehr? Mitnichten, meinen kritische Experten und Umweltschützer. Die Reaktorruinen seien längst nicht sicher. Von einer Kaltabschaltung zu sprechen, wie es die Regierung und der Atombetreiber Tepco tun, sei eine bewusste Irreführung der Bevölkerung.
Regierung und Tepco definieren die Kaltabschaltung als erfolgt, wenn die Temperatur am Boden der Reaktordruckbehälter unter 100 Grad gesunken ist, so dass kein weiteres Kühlwasser mehr verkocht. Kritiker halten diese Definition im Falle von Fukushima jedoch für problematisch. Schließlich seien die Brennstäbe vollständig geschmolzen und hätten sich durch den Boden der Reaktordruckbehälter durchgebrannt. Sie lägen nun in Klumpen auf dem Boden der Umhüllung.
Und dort entwickelten sie weiter extrem hohe Temperaturen; manche Experten schätzen sie auf mehrere tausend Grad. Sie sollen sich sogar teils in den Betonmantel hineingebrannt haben. Die Gefahr neuer Kernschmelzen sei noch längst nicht gebannt. Auch japanische Medien weisen darauf hin, dass niemand genau wissen könne, wie es in den Reaktoren aussehe. Wegen der Hitze und Strahlung kann niemand hinein. Daher gibt es auch Zweifel an der Darstellung der Regierung.
Auch in der japanischen Bevölkerung sind viele nicht bereit, der Regierung Glauben zu schenken. Viele misstrauen dem Staat. Hatten Regierung und Tepco sowie ihnen nahestehende Experten in den Medien nicht auch in den ersten Wochen nach Beginn der Katastrophe immer wieder erklärt, es bestehe keine Gefahr? Die Verkündung der Kaltabschaltung kann ohnehin nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Krise längst nicht ausgestanden ist.