Aufregung über libyschen Militär-Konvoi in Niger
Beirut/Istanbul/Addis Abeba (dpa) - Gaddafi an Bord oder gar Gaddafis Goldschatz: Berichte über einen angeblichen großen libyschen Militärkonvoi, der im südlichen Nachbarland Niger eingetroffen sein soll, haben am Dienstag für Wirbel und Spekulationen gesorgt.
Der Fernsehsender Al-Arabija hatte unter Berufung auf Militärquellen gemeldet, der Konvoi habe die Stadt Agadez in Niger erreicht. Arabische Sender spekulierten, dass der bisherige Machthaber Muammar al-Gaddafi mit dem Konvoi sein Land verlassen haben könnte. Zugleich stiegen am Dienstag die Hoffnungen bei den Aufständischen auf eine friedliche Übernahme der Wüstenstadt Bani Walid. Die Stadt gilt als eine der letzten Hochburgen des Ex-Diktators.
Diverse Medien stellten die Vermutung auf, dass Gaddafi mit dem Militär-Konvoi über Niger versuchen könnte, das südwestliche Nachbarland Burkina Faso zu erreichen. Das Land hatte dem abgesetzten Staatschef Asyl angeboten. Die Berichte überkreuzten sich allerdings mit anderen Meldungen aus der Nacht zum Dienstag, wonach sich Gaddafi noch in Libyen aufhalten soll. Spekuliert wurde auch, dass mit dem Konvoi möglicherweise Geld und Gold Gaddafis außer Landes gebracht wurden.
Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira hatte berichtet, Gaddafi sei noch im Land. Das habe sein Sprecher Mussa Ibrahim einer TV-Station in Syrien gesagt. Dem 69-jährigen Gaddafi gehe es demnach gesundheitlich ausgezeichnet und er sei guter Stimmung.
Die Rebellen scheinen inzwischen einen wichtigen Schritt zu einer möglichen friedlichen Übernahme der Wüstenstadt Bani Walid gemacht zu haben. Stammesdelegationen aus der Gaddafi-Hochburg trafen sich am Dienstag rund 50 Kilometer vor der Stadt in einer Moschee mit Vertretern des libyschen Übergangsrates. „Wir sind einer Einigung sehr nahe“, sagte anschließend Abdullah Kenschil, der Verhandlungsführer des Übergangsrates, der Nachrichtenagentur dpa. Aus der Stammesdelegation hieß es, fast 90 Prozent der Einwohner Bani Walids seien für eine friedliche Lösung.
„Die Stammesführer kehren mit unseren Forderungen zurück, und wenn sie grünes Licht geben, können wir ohne bewaffneten Konflikt in die Stadt einrücken“, sagte Kenschil. In Bani Walid halten sich noch rund hundert schwer bewaffnete Gaddafi-Kämpfer auf. Sie sollen nun dazu bewogen werden, ihre Waffen niederzulegen. Bei dem Treffen mit Stammesführern, das live bei Al-Dschasira übertragen wurde, versicherte ein Aufständischer, man wolle in Bani Walid keine Rache nehmen oder die Leute schlecht behandeln. „Wir kommen mit unseren Waffen, um jeden abzuschrecken, der gegen uns kämpfen will, aber wir haben nicht die Absicht zu kämpfen.“
Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, hatten die Rebellen den Gaddafi-treuen Kämpfern in Bani Walid eine Frist zur Kapitulation bis Samstag eingeräumt. Um den Druck auf die Gaddafi-Loyalisten zu erhöhen, hatte der Übergangsrat Hunderte Kämpfer vor Bani Walid zusammengezogen. Die Stadt liegt rund 150 Kilometer südöstlich von Tripolis. Berichten zufolge sollen Gaddafis Söhne Saif al-Islam und Mutassim eine friedliche Lösung in Bani Walid verhindert haben, ehe sie vor ein paar Tagen aus der Stadt abgezogen seien.