Aufruhr in Bahrain: Schüsse und Ausnahmezustand

Riad/Manama (dpa) - Die Soldaten aus den arabischen Nachbarländern sollten in Bahrain für Ruhe sorgen. Doch jetzt geschieht genau das Gegenteil. Die Opposition fühlt sich von den ausländischen Truppen bedroht.

Bei Zusammenstößen starben zwei Menschen.

König Hamad bin Issa al-Chalifa verhängte am Dienstag für drei Monate den Ausnahmezustand. Nach Angaben aus Oppositionskreisen kam es in der Hauptstadt Manama und in der Ortschaft Sitra zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Angehörigen der Sicherheitskräfte.

Bei Zusammenstößen in Manamas Salmanija-Viertel sei ein Soldat aus Saudi-Arabien erschossen worden, hieß es aus Sicherheitskreisen in der saudischen Hauptstadt Riad. Der Schütze habe nicht identifiziert werden können. Auch ein Demonstrant kam bei den Zusammenstößen ums Leben. Die Demonstranten sprachen zudem von hunderten Verletzten bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften im ganzen Königreich.

Die Europäische Union zeigte sich sehr besorgt über Berichte von schwerer Gewalt in den Straßen von Bahrain. „Wir glauben, dass der Dialog die einzige Möglichkeit zur Lösung der derzeitigen Krise ist“, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte mit Blick auf den saudischen Militäreinsatz in Bahrain: „Die Lösung kann nicht aus dem Ausland kommen.“ Es müsse alles dafür getan werden, dass die Lage nicht eskaliert.

Saudi-Arabien hatte am Montag rund 1000 Soldaten nach Bahrain geschickt, um der von Regimegegnern bedrängten Herrscherfamilie beizustehen. Die Vereinigten Arabischen Emirate schickten 500 Polizisten. Ein kleineres Kontingent kam aus Katar. Schiitische Oppositionsgruppen sehen in den Soldaten eine „Besatzungsmacht“. Ein Bericht der bahrainischen Zeitung „Al-Ayyam“, wonach die schiitische Wifak-Gesellschaft damit gedroht haben soll, deshalb die iranische Armee um Hilfe zu bitten, wurde von der Gesellschaft jedoch am Dienstag dementiert.

Doch die Stationierung arabischer Truppen in Bahrain stieß auch international auf Kritik. Sowohl die USA als auch der Iran und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnten vor einer weiteren Eskalation der Auseinandersetzung zwischen den vorwiegend schiitischen Demonstranten und der sunnitischen Herrscherfamilie.

Die meisten Menschen in der Hauptstadt Manama gingen am Dienstag nicht zur Arbeit und schickten ihre Kinder nicht in die Schule. In einigen Vierteln errichteten Zivilisten Straßensperren. Vereinzelt waren Hamsterkäufe zu beobachten. „Die Atmosphäre in der Innenstadt ist gespenstisch“, sagte ein Augenzeuge.

„Wir glauben, dass die Forderungen des Volkes in Bahrain legitim sind“, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, in Teheran. Jede Einmischung von außen mache die Situation nur noch komplizierter. Viele Beobachter am Golf sind der Meinung, dass die iranische Führung ihre schiitischen Glaubensbrüder in Bahrain und Saudi-Arabien gegen die sunnitischen Herrscher dieser Staaten aufwiegelt. Die bahrainische Führung reagierte empört auf die Kritik aus Teheran. Die staatliche Nachrichtenagentur BNA meldete, das Außenministerium habe den bahrainischen Botschafter im Iran zu Konsultationen nach Manama einbestellt.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, rief die Staaten des Golfkooperationsrates dazu auf, „Zurückhaltung zu zeigen, die Rechte des Volkes von Bahrain zu respektieren und in einer Weise zu handeln, die den Dialog unterstützt und nicht untergräbt“. Für die USA ist Bahrain von strategischer Bedeutung, da die 5. Flotte der US-Marine dort ihren Stützpunkt hat. Der Stützpunkt ist Teil der westlichen Drohkulisse im Atomstreit mit dem Iran. Das US-Außenministerium rät derzeit von Reisen nach Bahrain ab.

Die deutsche Botschaft in Manama blieb am Dienstag für Besucher geschlossen. Den etwa 250 Deutschen, die in Bahrain leben, wurde geraten, sich von Menschenansammlungen und Protestkundgebungen fernzuhalten. Welche konkreten Auswirkungen die Verhängung des Ausnahmezustandes haben wird, blieb am Dienstag noch unklar.

Die arabischen Hilfstruppen sind offiziell Teil einer schnellen Eingreiftruppe des Golfkooperationsrates (GCC). Sie sollen in Bahrain im Notfall den Königspalast und die Behörden des Landes schützen. Dem Golfkooperationsrat gehören neben Saudi-Arabien und den Emiraten auch Bahrain, Kuwait, Oman und Katar an.

Die Kernforderungen der Demonstranten, deren Protest am 14. Februar begonnen hatte, sind mehr Machtbefugnisse für das gewählte Parlament, ein Ende der Politik der Einbürgerung sunnitischer Araber, die Bekämpfung der Korruption sowie Chancengleichheit für Schiiten und Sunniten bei der Besetzung von Beamtenposten. Ein Teil der Demonstranten stellt inzwischen jedoch auch den Machtanspruch der Regierung und der Herrscherfamilie infrage.

Einzelne Mitglieder der Herrscherfamilie haben bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. Zu den wichtigsten Gegenspielern der Aktivisten zählt der seit 1971 amtierende Ministerpräsident, Prinz Chalifa bin Salman al-Chalifa, ein Onkel von König Hamad.