Fall einer linken Ikone Brasiliens Ex-Präsident Lula geht in Haft

São Paulo (dpa) - Schuhputzer, Gewerkschaftsführer, Präsident - Luiz Inácio Lula da Silva hat es weit gebracht. Jetzt der tiefe Fall: Seit dem Wochenende ist der frühere brasilianische Staatschef der wohl berühmteste Häftling des südamerikanischen Landes.

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Geschlagen gibt sich der charismatische Vollblutpolitiker aber noch lange nicht. „Der Tod eines Kämpfers kann die Revolution nicht aufhalten“, ruft er vor dem Haftantritt seinen Anhängern zu.

Wegen Korruption war Lula zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Bis zuletzt versuchte er, die Inhaftierung zu verhindern. Seine Anwälte legten eine ganze Reihe von Rechtsmitteln ein, sogar beim UN-Menschenrechtsausschuss beantragten sie eine einstweilige Verfügung. Am Ende gab der 72-Jährige nach und stellte sich der Justiz.

Mit einer Polizeieskorte wurde Lula vom Sitz der Metallarbeitergewerkschaft in São Paulo zum Flughafen gefahren und in die südbrasilianische Stadt Curitiba geflogen. Dort verbrachte er seine erste Nacht in Haft in einer Zelle im Polizeihauptquartier. Medienberichten zufolge verfügt Lula dort über ein Bett, einen Tisch, Stühle und ein eigenes Bad.

Sein letzter Gang zeigte auch, wie gespalten die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas ist. Bei seiner Abschiedsrede in São Paulo feierten ihn seine Anhänger wie einen Helden, bei seinem Abflug in die Haft hingegen jubelten seine Gegner. Sie skandierten „Fahr zur Hölle“ und „Er hat unser Geld gestohlen“.

Lula ist in den Skandal um Schmiergelder bei Auftragsvergaben an den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt. Unter anderem soll er von dem Bauunternehmen OAS die Renovierung eines Luxus-Appartements angenommen haben. Er selbst sieht sich als Opfer einer Verschwörung rechter Politiker und der Medien, die seine Rückkehr an die Staatsspitze verhindern wollen.

„Ihr Traum ist ein Foto vom inhaftierten Lula. Ich kann mir die Erregung bei (der Zeitschrift) „Veja“ und (dem Medienkonzern) Globo schon vorstellen. Sie werden multiple Orgasmen haben“, sagte Lula. Auch dem Richter Sérgio Moro machte er schwere Vorwürfe: „Er will nicht, dass Lula zurückkehrt, denn in seiner Vorstellung dürfen Arme keine Rechte haben.“

Während seiner Amtszeit von 2003 bis 2010 modernisierte der „Präsident der Armen“ die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas und verbesserte die Lebensbedingungen von Millionen armer Brasilianer mit dem Programm „Fome Zero“ (Null Hunger) und der Familiensozialhilfe. US-Präsident Barack Obama nannte ihn den „beliebtesten Politiker der Welt“.

Bei der Wahl im Oktober will er erneut für das höchste Staatsamt kandidieren. Allerdings ist unklar, ob das nach seiner Inhaftierung möglich ist. Noch stehen ihm weitere Berufungsinstanzen offen. In den Umfragen liegt Lula mit bis zu 36 Prozent deutlich vorn.

Darf er nicht bei der Wahl antreten, könnte der ultra-rechte Jair Bolsonaro der Nutznießer sein. Er wird als „Trump Brasiliens“ bezeichnet, hetzt gegen die linke Arbeiterpartei und verherrlicht die Militärdiktatur (1964-1985).

Lula rief seine Anhänger in São Paulo dazu auf, den politischen Kampf fortzusetzen und sein Erbe zu wahren: „Ich bin kein menschliches Wesen mehr. Ich bin eine Idee.“