Bundesregierung tappt bei US-Datenskandal weiter im Dunklen
Berlin (dpa) - Ein Treffen der Bundesregierung mit Internet-Unternehmen hat nicht die erhoffte Aufklärung über die Überwachung der OnlineKommunikation durch den US-Geheimdienst gebracht.
Der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto, der für das Wirtschaftsministerium an dem Treffen teilnahm, sagte danach, „dass wir mehr offene Fragen als Antworten bekommen haben“. Das lag auch daran, dass die deutschen Vertreter wenig über das US-Spionageprogramm mit dem Namen „PRISM“ wussten. Angesichts der Debatte seien gemeinsame Regeln für Datenschutz in Europa und den USA nötig, sagten Regierungsvertreter.
„Es hat keine konkreten Antworten gegeben unserer jetzt hier anwesenden Gesprächspartner ... über das Programm "PRISM" an sich, weil sie davon nicht Kenntnis hatten“, sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Anschluss an das Treffen. So blieb den Ministern nur die Diskussion: Man könne „hier in Deutschland dazu betragen, dass wir eine breite Öffentlichkeit haben, was den Umgang mit Daten betrifft“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Vertreter von Microsoft, Google, Verbraucherschützern und Internet-Verbänden waren anwesend. Facebook äußerte sich schriftlich.
Die Unternehmen baten die deutschen Regierung, beim Berlin-Besuch von US-Präsident Barack Obama auf mehr Transparenz zu dringen, wie Leutheusser-Schnarrenberger und Otto betonten. Es sei bemerkenswert, dass US-Unternehmen um die Unterstützung der deutschen Regierung gegenüber ihrem Heimatland baten. In der Frage, ob sie Daten über technische Schnittstellen an US-Dienste leiten, seien die Unternehmen vage geblieben, verlautete aus Teilnehmerkreisen.
Denn den Unternehmen sind die Hände gebunden. Seit Tagen entsteht der Eindruck, der US-Geheimdienst NSA habe praktisch ungehinderten Zugang zu Nutzerdaten. Medienberichten zufolge dürfen die Unternehmen jedoch nicht einmal die Existenz der geheimen Gerichtsanordnungen bestätigen, die sie zur Herausgabe von Daten verpflichten. Angeführt von Google baten mehrere Unternehmen die US-Regierung, zumindest allgemeine Informationen über die Zahl der bisher geheimen Anfragen veröffentlichen zu dürfen.
Zudem betonen die betroffenen Firmen, sie befolgten lediglich konkrete Gerichtsanordnungen und gewährten Behörden keinen direkten Zugang zu ihren Servern. „Wir haben den Ministern versichert, dass wir Behörden-Anfragen nach Nutzer-Daten nur in Übereinstimmung mit dem Gesetz nachkommen“, sagte ein Google-Sprecher. „Wir widersetzen uns jeglichen Programmen und Anfragen nach Zugang zu unseren Systemen sowie nach Installation von Ausrüstung in unserem Netzwerk.“
Als nächstes seien einheitliche Regeln zum Datenschutz nötig, sagte Otto. Neben europäischen Regeln „brauchen wir dringend auch eine Harmonisierung mit den Amerikanern“, sagte Otto. Über eine gemeinsame Datenschutzverordnung für die 27 Staaten der EU wird derzeit in Brüssel verhandelt. Ein Artikel der ursprünglichen Fassung, der eine rechtliche Grundlage für die Weitergabe von Daten an andere Staaten vorsah, wurde jedoch wieder gestrichen. Das sei bei dem Treffen zur Sprache gekommen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. „Das ist ein Punkt, mit dem wir uns auf alle Fälle sehr intensiv beschäftigen werden.“
Der Bundesverband IT-Mittelstand äußerte sich besorgt über die Abhängigkeit deutscher Nutzer von US-Unternehmen. „Wir haben auch in Deutschland sehr gute, innovative Lösungen“, erklärte dessen Präsident Oliver Grün.