Das große Elend der Flüchtlinge im Südsudan

Auf der Flucht vor Rebellen ertrinken mindestens 200 Menschen im Nil — darunter Kinder.

Foto: dpa, Jaroch

Juba. Welche Todesangst muss Menschen treiben, dass sie sich mit ihren Kindern auf völlig überfüllte, kaum seetaugliche Boote stürzen? Wer keinen Krieg erlebt hat, kann sich das Ausmaß der Gewalt wohl kaum vorstellen. Für die Südsudanesen ist es hingegen seit Wochen grausame Realität. Hunderte von ihnen liefen jetzt in der nördlichen Stadt Malakal vor Macheten, Panzern und Kugeln davon — und starben stattdessen im Weißen Nil.

Auf der Flucht vor heranrückenden Rebellen ertranken am Sonntag mindestens 200 Menschen, wie erst am Dienstag bekannt wurde. Sie stammen aus Malakal, der umkämpften Hauptstadt des ölreichen Bundesstaates Oberer Nil, an der Grenze zum nördlichen Nachbarn Sudan. Die Opfer sind nach Berichten von Augenzeugen vor allem Familien mit Kindern.

Seit Mitte Dezember bekämpfen sich in dem ostafrikanischen Land Regierungstruppen von Präsident Salva Kiir und Rebellen, die dem ehemaligen Vize-Präsidenten Riek Machar anhängen. Hunderttausende wurden aus ihren Dörfern vertrieben. Die genaue Zahl kennt keiner. Sicher ist nur, dass immer mehr Menschen in Panik den Nil überqueren, da sie sich am anderen Ufer in Sicherheit wähnen. Aber die Fähren sind alt und verrostet, und die meisten Flüchtlinge können nicht schwimmen.

Wohl deshalb wurde der mächtige Fluss den Verzweifelten zum tödlichen Verhängnis. Vorausgegangen waren Gerüchte, die Rebellen seien im Begriff, Malakal einzunehmen. Das Boot war für maximal 50 bis 80 Passagiere gebaut. Aber stattdessen waren es Hunderte.

Die Delegationen der beiden Konfliktparteien, die derweil in einem Luxushotel in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba seit Tagen vergeblich und ohne spürbare Eile eine Lösung für die festgefahrene Situation suchen, scheinen die Nachrichten aus der Heimat wenig zu bestürzen. „Ja, das ist schlimm“, sagte der Sprecher der Rebellendelegation, Hussein Mar Nyuot, ohne Regung in der Stimme. „Sie hatten wohl Panik, weil niemand genau weiß, wer es gerade auf wen abgesehen hat.“

Während die Mitglieder der Teams gemütlich bei Kaffee und Kuchen in der Hotelbar sitzen und auf die nächste Gesprächsrunde warten, versinkt ihr Land weiter im Chaos. Nicht einmal auf den so dringend von der Bevölkerung herbeigesehnten Waffenstillstand konnten sie sich bislang einigen. Im Mittelpunkt stehen stattdessen persönliche Machtgelüste — nicht die humanitäre Katastrophe.